JSPS Rundschreiben aus Wissenschaft und Forschung | Nr. 04/2017 | Ausgabe 103

JSPS Rundschreiben, 04/2017, Nr. 103 (156 KB)


Beschränkung von Zulassungszahlen für private Universitäten in Tokyo für Fiskaljahr 2018 eingeführt

Das Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) hat am 29.09.2017 spezielle Regeln veröffentlicht, die auf eine Beschränkung der Zulassungszahlen für private Universitäten in Tokyo abzielen. Damit will man die exzessive Konzentration von jungen Menschen in der japanischen Hauptstadt korrigieren (vgl. JSPS Rundschreiben 03/2017).

Gemäß der im offiziellen Amtsblatt der Regierung bekannt gegebenen Regelungen ist es privaten Universitäten in den dicht bevölkerten 23 Bezirken Tokyos nicht gestattet, im Fiskaljahr 2018 ihre Zulassungszahlen zu erhöhen. Ferner dürfen in dem Gebiet im Fiskaljahr 2019 keine neuen Colleges mit zweijähriger Studienzeit und Universitäten mit vierjähriger Studienzeit eröffnet werden.

(Quelle: Jiji Press 30.09.2017)


Premierminister Abe plant kostenlose Bildung in Japan

Premierminister Shinzo Abe plant Einnahmen aus der Verbrauchssteuererhöhung für eine kostenlose Vorschulbildung und höhere Bildung zu verwenden. Die Verbrauchssteuer wird im Oktober 2019 von derzeit acht auf zehn Prozent erhöht werden. Laut Abes Angaben sei die Maßnahme Teil seiner Bestrebungen für mehr Investitionen in die Entwicklung von Humanressourcen.

Bei einer Rede an der New Yorker Börse am 20.09.2017 teilte Abe mit, dass es Zeit sei, die größten Herausforderungen für Japans Wirtschaft, d.h. die sinkende Bevölkerungszahl und die Überalterung der Bevölkerung, in Angriff zu nehmen. Dieses Problem will er durch Reformen zur Steigerung der Produktivität und der Entwicklung von Humanressourcen angehen. Er kündigte einen Plan zur Verbesserung der sozialen Sicherheit an, die nicht nur alten Menschen, sondern allen Generationen zugutekommt. Abe forderte auch Besserungen bei der Kinderbetreuung, der Pflege sowie eine kostenlose Vorschulbildung. Dies würde eine gebührenfreie höhere Bildung für Kinder aus Haushalten mit niedrigem Einkommen umfassen. Für eine Reform der Entwicklung der menschlichen Arbeitskraft wären laut Abe erhebliche finanzielle Ressourcen erforderlich.

Erhöhte Investitionen in Bildung und Kinderbetreuung zwingen Japans Premierminister aber auch das Ziel eines primären Haushaltsüberschusses für das Fiskaljahr 2020 effektiv aufzugeben. Das Ziel ist eine internationale Verpflichtung. „Die Erreichung eines primären Haushaltsüberschusses im Fiskaljahr 2020 wird schwierig“, sagte Abe bei einer Pressekonferenz, als er seinen Plan vorstellte, zwei Billionen Yen (mehr als 15 Mrd. Euro) in die Förderung der Entwicklung von Humanressourcen und zur Verbesserung der Produktivität in der alternden japanischen Gesellschaft investieren zu wollen.

Während das Ziel, einen Haushaltsüberschuss zu erreichen, an sich aufrechterhalten wird, befürchtet man, dass die neusten Entwicklungen zu noch mehr Investitionen führen könnten, da Japan mit der Bedrohung seiner Sicherheit durch Nordkorea zu kämpfen hat und seine Vorbereitungen für die Olympiade sowie die Paralympics in Tokyo im Jahr 2020 verstärkt. Bildung ist einer der wichtigsten Tagungsordnungspunkte eines im September 2017 gegründeten Regierungsausschusses, der sich mit Wegen zur Förderung von Humanressourcen in Japans alternder Gesellschaft auseinandersetzt.

Seit die Diskussion um kostenlose Bildung aufgekommen ist, sind verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten im Umlauf, wie die Schaffung des Systems einer „Kinderversicherung“ und Anleihen für die Bildung. Finanzminister Taro Aso hat sich gegen die Bildungsanleihen ausgesprochen, da zukünftige Generationen Schulden zurückzahlen müssten. Laut sachkundigen Quellen erachtet Aso es als unangemessen, die höhere Bildung in Japan ausnahmslos kostenfrei zu machen. Das Ministerium ist der Meinung, dass im Rahmen des vom Premierminister vorgeschlagenen Plans geeignete Institutionen und Studierende ausgewählt werden sollten. Ansonsten würde sich Japans fiskalische Situation inmitten von stets wachsenden Kosten für die soziale Sicherheit weiter verschlechtern, ließen die Quellen verlauten. Ferner kann das Ministerium dem Plan nicht zustimmen, da jedes allgemeine Programm zur Befreiung von Studiengebühren letztendlich lediglich zu einer finanziellen Hilfe für die hart von den sinkenden Geburtenraten getroffenen privaten Universitäten und Colleges werden könnte.

(Quellen: NHK 22.09.2017, Japan Today 26.09.2017, Japan Times 29.10.2017)


University of Tokyo fällt bei Ranking zurück

Bei dem am 05.09.2017 veröffentlichten „Times Higher World University Rankings 2018“ der englischen Fachzeitschrift „Times Higher Education“ ist die University of Tokyo (Todai) von Platz 39 im Vorjahr um sieben Plätze auf Platz 46 abgerutscht. Für die Todai ist es das bislang schlechteste Ergebnis. Forscher führen dies auf einen geringeren Anteil von Postdoktoranden, ein sinkendes Verhältnis von Studenten zu Lehrpersonal und eine abnehmende Produktivität in der Forschung aufgrund von verringerter Finanzierung zurück.

Die Kyoto University steht an 74. Stelle und damit 17 Plätze höher als beim letzten Ranking. Unter den Universitäten auf den ersten 200 Plätzen finden sich keine weiteren japanischen Hochschulen. Allerdings schafften es dieses Jahr insgesamt 71 japanische Einrichtungen auf die Liste, von denen 14 Neuzugänge waren.

Das Ranking wird erneut von der University of Oxford angeführt, zum 14. Mal in Folge. An zweiter Stelle steht erstmals die University of Cambridge gefolgt vom California Institute of Technology und der Stanford University, die sich den dritten Platz teilen.

Von den ersten 30 Universitäten sind 90 % aus Ländern mit Englisch als Amtssprache, allerdings finden sich dort auch drei asiatische Universitäten. Diese sind die National University of Singapur auf Platz 22, die damit ihr bestes bisheriges Ergebnis erzielte, die Peking University, die mit Platz 27 zwei Plätze höher lag als im Vorjahr, und die Tsinghua University, die mit Platz 30 im Vorjahresvergleich fünf Plätze wettmachte.

Bei dem Ranking werden aus weltweit 77 Ländern und Gebieten die 1.000 besten Universitäten basierend auf ihren Leistungen in den Bereichen Forschung, Lehre, Wissenstransfer und Internationalität ausgewählt.

(Quellen: Asahi und Japan Times 06.09.2017)

https://www.timeshighereducation.com/world-university-rankings/2018/world-ranking#!/page/0/length/25/sort_by/rank/sort_order/asc/cols/stats


Große Belastung durch Rückzahlung von Studienbeihilfen

Eine Forschergruppe um Associate Professor Nahoko Kawata von der Faculty of Education der Oita University hat festgestellt, dass Personen, für die die Rückzahlung der während des Studiums geliehenen Studienbeihilfen eine Belastung darstellt, dazu neigen, weniger Kinder zu bekommen und auch später zu heiraten sowie ein Haus zu erwerben. Bei den meisten Studienbeihilfen beträgt die Rückzahlungszeit längstens 20 Jahre, aber je länger man für die Rückzahlung braucht, desto größer ist der Einfluss auf die Lebensplanung, heißt es.

Ende letzten Jahres wurden mit Förderung des Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) über das Internet 1.600 Personen im Alter zwischen 25-44 Jahren aus ganz Japan zu ihren Lebensumständen befragt. Das durchschnittliche Jahreshaushaltseinkommen der Befragten betrug 6,5 Mio. Yen (rund 49.000 Euro) und 56 % von ihnen hatten einen Universitäts- oder Graduate School Abschluss. Insgesamt hatten etwa 20 % aller Teilnehmer der Umfrage Studienhilfen bezogen.

Bei Einteilung der Befragten in zwei Altersgruppen und Betrachtung nach diesen Gruppe, stachen die Unterschiede bei Kinderzahl und der Frage, ob man verheiratet ist, im Vergleich zu Personen, die keine Studienbeihilfe bezogen hatten oder die Rückzahlungen bereits beendet hatten, bei der Gruppe der 35 bis 44-Jährigen ins Auge. Die durchschnittliche Kinderzahl lag bei Personen, die die Rückzahlung noch nicht beendet hatten, bei 0,55 Kindern, während die Personen, die keine Studienbeihilfe zurückzuzahlen hatten, im Schnitt 0,98 Kinder hatten. Bei Unterscheidung nach Prozentsatz der Unverheirateten stachen in der Gruppe der 35 bis 44-Jährigen die Männer ins Auge. Von denjenigen, die noch Rückzahlungen leisten mussten, waren 57,1 % nicht verheiratet, während es bei Männern ohne Rückzahlung lediglich 42,7 % waren, was einen Unterschied von fast 15 Punkten bedeutet.

Während es bei den 35 bis 44-Jährigen beim Hauserwerb keinen Unterschied gab, liegt unter den 25 bis 34-Jährigen bei den Personen, die keine Rückzahlungen leisten müssen, die Zahl der Hausbesitzer höher. Kawata weist darauf hin, dass sich ein großer Einfluss auf sinkende Geburtenzahlen und den Konsum zeigen könnte.

(Quelle: Asahi 23.08.2017)


Staatliche Universitäten betreiben Crowdfunding

Staatliche Universitäten befassen sich mit dem sogenannten „Crowdfunding“ (CF), bei dem über das Internet Geld von Personen gesammelt wird, die mit einem bestimmten Projekt sympathisieren. Von Seite der Universitäten hofft man, dass die Erfahrung, ein Projekt gefördert zu haben, zu Spenden an die Universitäten selber führen wird.

Im Januar 2017 hat die University of Tsukuba auf der Website der CF-Firma READYFOR Inc. ein Projekt veröffentlicht. Man beklagte die schlimme eigene Lage, d.h. die staatlichen Zuschüsse für die Betriebskosten sinken, es werden Zeitschriften-Abonnements gekündigt und es können keine Bücher mehr gekauft werden. Die angestrebte Summe lag bei 3 Mio. Yen (ca. 22.000 Euro), und es wurden Spendenbeträge in Höhe von 3.000-100.000 Yen (ca. 22 – 750 Euro) gesammelt. Erstaunte Menschen verbreiteten über soziale Netzwerke, dass ihnen gar nicht bewusst gewesen sei, wie schwierig die Lage ist, oder dass man das Gefühl habe, die Zukunft der japanischen Wissenschaft sei sichtbar geworden. Die bis Ende März angestrebte Summe von 3 Mio. Yen (ca. 22.000 Euro) wurde mit einer gesammelten Summe von ca. 5,12 Mio. Yen (ca. 38.000 Euro) in großem Ausmaß überschritten. Nach Auskunft der University of Tsukuba tauchte ab der zweiten Hälfte der 1990-er Jahre das Problem auf, dass keine Bücher gekauft werden konnten. Einerseits hält der heftige Preisanstieg bei elektronischen Zeitschriften, in denen Artikel verschiedener Fachgebiete aus dem In- und Ausland publiziert werden, an, und anderseits gab es seit der Umwandlung des Status der staatlichen Universitäten in Körperschaften öffentlichen Rechts im Jahr 2004 bei den Universitäten im Allgemeinen keinen Anstieg der Materialausgaben. Die der University of Tsukuba angeschlossene Bibliothek, an der auch Bibliothekare ausgebildet werden, verfügt über eine Sammlung von etwa 2,6 Mio. Büchern. Allerdings wurden im Fiskaljahr 2015 nur halb so viele Bücher neu angeschafft wie vor 15 Jahren. Außerdem ist auch die Zahl der Bücher zurückgegangen, die von Wissenschaftlern selber von ihren Forschungsgeldern gekauft und dann in die Bibliothek gestellt werden. Die Ursache liegt darin, dass durch die Kürzung der staatlichen Zuschüsse für die Betriebskosten auch die Forschungszuschüsse sinken. Folglich hatte die Finanzabteilung der University of Tsukuba beschlossen, CF zu nutzen, für das ein Vertrag bis 2019 abgeschlossen wurde. Dadurch konnten 428 Bücher angeschafft und 59 Zeitschriften abonniert werden.

Die Tokyo University of the Arts hat ebenfalls einen Vertrag mit READYFOR geschlossen und von elf Projekten konnten zehn verwirklicht werden. Einige Universitäten haben auch auf eigene Kosten eine CF-Website eingerichtet. Die Tokushima University hat im Herbst 2016 als allgemeine Körperschaft öffentlichen Rechts die „Organization For People With Universities“ gegründet und die Website „Otsucle“ eingerichtet. Auch andere Universitäten, insbesondere staatliche, werden zur Nutzung der Seite aufgerufen. Das besondere an Otsucle ist, dass die Seite auf die Förderung von Forschungskosten abzielt. Bei den staatlichen Universitäten verringern sich die staatlichen Zuschüsse für die Betriebskosten, es werden weniger frei zu verwendende Forschungsgelder an die Wissenschaftler verteilt und diese fordern nachdrücklich den Bezug von Drittmitteln. Außerdem gibt es bei den über die Japan Society for the Promotion of Science (JSPS) vergebenen Forschungsmitteln „Grants-in-Aid for Scientific Research“ (Kakenhi) eine Begutachtung, und es werden nicht alle Anträge bewilligt. Deshalb hat man sich entschlossen, per CF Spenden für die Forschungsausgaben zu sammeln. Am 01.08.2017 wurden zehn Projekte veröffentlicht und bei neun Projekten die angestrebte Summe erzielt. Die Gesamtsumme betrug ca. 13 Mio. Yen (ca. 97.000 Euro).

Es stellt sich die Frage, ob CF die Zuschüsse für die Betriebskosten als Einnahmequelle der Universitäten ersetzen wird. Bei der University of Tsukuba machen die Einnahmen durch CF nur ca. 1,4 % der gesamten Spendensumme aus. Nach Angaben der Finanzabteilung sei CF keine einflussreiche Finanzquelle, man hoffe aber, das Interesse von Personen zu wecken, die bislang nicht gespendet hätten. Man wolle an der Universität eine Spendenkultur schaffen. Spenden an staatliche Universitäten und auch CF werden steuerlich begünstigt.

(Quelle: Asahi 04.08.2017)


Situation von Promovierten in Japan

Bei einer Vortragsveranstaltung Mitte Juni 2017 berieten die Spitzen der Universitäten und Unternehmen aus der Region Kansai über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie. Der Bericht des Vorsitzenden und Vizerektors der Osaka University, Tadashi Kobayashi, liefert eine schonungslose Schilderung der derzeitigen Lage der Universitäten.

Es ist bekannt, dass die staatlichen Zuschüsse für die Betriebskosten sinken und die finanzielle Lage der Universitäten extrem angespannt ist. Allerdings kommt noch hinzu, dass die Zahl der Promovierenden anhaltend sinkt. Die Zahl derjenigen, die nach dem Master promovieren, ist von 15 % im Jahr 2001 auf 9,3 % im Jahr 2016 zurückgegangen. Es gab auch Zeiten, zu denen es hieß: „Promovieren oder Minister werden, das ist die Zukunft“. Heutzutage wird nicht nur der Charakter von Ministern umfassend hinterfragt, sondern die Beliebtheit der Promotion ist auch zurückgegangen.

Es stellt sich die Frage, warum nicht mehr so viele Graduierte promovieren möchten. Die Ursache liegt in der von der Regierung vorangetriebenen Reform der Graduate Schools in den 1990-er Jahren. Die Aufnahmekapazität wurde um das doppelte erhöht, aber die Zahl der Stellen für Lehrkräfte, eine Position die viele Absolventen anstreben, wurde nicht angehoben. Auch wenn sie an der Universität bleiben, bekommen vielen von Ihnen nur befristete Stellen. Unter den Graduierten hat sich eine tiefe Angst um die Frage festgesetzt, ob es sich wirklich lohnt, eine Promotion anzustreben, bei der die Zukunftsaussichten unklar sind.

Die Stellen in Unternehmen sind ebenfalls begrenzt. Bei einer im Jahr 2016 unter 1.825 Firmen (Kapital über 100 Mio. Yen (750.250 Euro)) durchgeführten Umfrage einer mit dem Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) assoziierten Gruppe zeigte sich, dass nur knapp 30 % der Unternehmen frisch Graduierte mit einem Mastertitel und nur 6 % Promovierte eingestellt haben. Die Unternehmen äußern sich dazu in vielfältiger Weise: „Promovierte Arbeitskräfte haben das 30. Lebensjahr fast erreicht. Man kann sie nicht wie neu eingestellte Angestellte behandeln“ oder „Wir brauchen nicht so ein spezifisches Fachwissen, wie das der Promovierten. Der Umgang mit ihnen ist schwierig“, heißt es.

Allerdings stellt sich die Frage, ob man dies so hinnehmen sollte. Welche Unternehmen werden wohl die Reformen und Verbesserungen der vorhandenen Technologie überstehen? Während man Vielfältigkeit propagiert, wird bei der Einstellung von Graduierten mit Bachelor- und Masterabschluss kein Unterschied gemacht. Vermutlich liegt dies daran, dass die Unternehmen keine Erfahrung damit haben, wie man das umfassende Fachwissen der promovierten Arbeitskräfte nutzen kann. Andererseits steigt in Europa und den USA sowie in Südkorea die Zahl der promovierten Arbeitskräfte. Hintergrund sei die Ausweitung der Forschungsgebiete. Georg Löer, Präsident von NRW Japan K. K., befasst sich mit der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft in Japan und Deutschland und weist auf Unterschiede im Umgang mit promovierten Arbeitskräften hin. „Als Gesellschaft schätzen wir ihr Fachwissen sehr. Es findet auch häufig ein Personalaustausch zwischen Unternehmen und Universitäten statt und auf besonders aktiven Gebieten geht dies auch über den Unternehmens- und Universitätsbereich hinaus“ sagt er. Vor allen Dingen sei das Budget der Universitäten gestiegen, seitdem Angela Merkel, die einen Doktortitel in Physik hat, Bundeskanzlerin wurde.

Bezüglich der Frage, ob es in Japan tatsächlich keinen Bedarf an promovierten Arbeitskräften gibt, kommen von der Hokkaido University leicht beruhigende Nachrichten. Seit dem Jahr 2012 wird dort jährlich für Doktoranden ein Austauschtreffen mit 50-60 Firmen organisiert und es werden Einstellungen vorgenommen. Man kooperiert mit sechs Universitäten, darunter die Universitäten Tohoku und Nagoya sowie die Ochanomizu Women’s University.

Naoki Higuchi, außerordentlicher Professor der Hokkaido University und für die Veranstaltung verantwortlich, erklärt: „Es gibt viele Unternehmen, die, wenn sie einmal promovierte Arbeitskräfte eingestellt haben, diese auch weiterhin einstellen. Es stechen auch Fälle ins Auge, in denen Promovierte im Zusammenhang mit neuen Geschäften gesucht werden“.

Promovierte Arbeitskräfte haben Erfahrung damit eigenständig Aufgaben zu finden und Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Wenn sie sich mit Promovierten aus anderen Fachgebieten austauschen, entsteht etwas Neues. Letztendlich stellt sich die Frage, ob nicht andere Arbeitskräfte benötigt werden, als zu den Zeiten, in denen man miteinander konkurrierte.

(Quelle: Asahi 08.08.2017)


Weniger wissenschaftliche Publikationen in Japan

Nach Angaben des dem Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) unterstehenden National Institute of Science and Technology Policy (NISTEP) lag die Zahl der jährlichen wissenschaftlichen Publikationen aus Japan in den Jahren 2013-2015 sechs Prozent niedriger als zehn Jahre zuvor. Dadurch fällt das Land im globalen Ranking von Platz zwei auf Platz vier. NISTEP zählte in wichtigen Ländern die Zahl der an Universitäten und Forschungseinrichtungen geschriebenen wissenschaftlichen Arbeiten und errechnete zum Vergleich den Jahresdurchschnitt. In den Jahren 2003-2005 wurden in Japan pro Jahr 68.000 wissenschaftliche Artikel publiziert. Im Zeitraum 2013-2015 sank die Anzahl allerdings auf 64.000. In China stieg die Zahl um mehr als das Vierfache von 52.000 auf 220.000, womit das Land auf Platz zwei im Ranking kam. Durch Steigerung der Leistung um das 1,2-Fache im Verlauf der Dekade, schaffte es Deutschland auf Platz drei. Während die USA den ersten Platz beibehalten konnten, stieg die Zahl der Artikel aus Indien und Südkorea um mehr als das Doppelte. Bei der Zahl der Publikationen, die auf großes Interesse bei anderen Wissenschaftlern stießen, fiel Japans Position von Platz vier auf Platz neun ab.

Der Trend ist nichts Neues. Der Anstieg der Zahl der wissenschaftlichen Artikel, die an staatlichen Universitäten geschrieben wurde, von denen die Hälfte der Artikel kommt, begann ab Mitte der 2000-er Jahre zu stagnieren, während die Zahl der Artikel von Wissenschaftlern aus japanischen Unternehmen bereits seit den 1990-er Jahren zurückgeht.

Es gibt verschiedene Faktoren als Ursache für diesen Trend, aber ein Hauptproblem sind Regierungsmaßnahmen für staatliche Universitäten. Insbesondere die Kürzungen der Finanzierung von Grundkosten haben die Einrichtungen im Bereich der wissenschaftlichen Forschung geschwächt. Die Zuschüsse der Regierung für staatliche Universitäten gingen seit dem Jahr 2004 zurück, als der Status dieser Universitäten in einen Status geändert wurde, der dem einer Selbstverwaltungskörperschaft entspricht. Die Höhe der Zuschüsse an die staatlichen Universitäten lag im Fiskaljahr 2017 zehn Prozent niedriger als 2004 und die finanzielle Förderung der Regierung für private Universitäten wird auch nicht erhöht. Es werden immer weniger Forschungsgelder von den Universitäten an Wissenschaftler gezahlt, und es wird für die Institutionen immer schwieriger jungen Wissenschaftlern eine gesicherte Beschäftigung zu bieten.

(Quelle: Japan Times 01.09.2017)


Informationsverarbeitung im Gehirn der Fruchtfliege beim Fliegen

Eine Forschergruppe um Teamleiter Dr. Hokuto Kazama, Leiter des Center for Circuit Mechanism of Sensory Perception des RIKEN Brain Science Institute, und Hiroshi Shiozaki, hat nach eigenen Angaben herausgefunden, dass Fruchtfliegen über Nervenkreise im Gehirn verfügen, die Informationen z.B. zur Bewegung, zum Sehvermögen oder zu Erinnerungen getrennt übermitteln. Laut der Gruppe suchen sich Tiere wie Säugetiere und Insekten Fressen und Paarungspartner, indem sie verschiedene Informationen zu Sinneswahrnehmungen wie Erinnerungen, Sehvermögen etc. sowie zu ihren eigenen Aktivitäten kombinieren. Beispielsweise verkürzen sie die zum Finden von Nahrung benötigte Zeit, indem sie durch Nutzung von Sehvermögen und Gedächtnis an Orte zurückkehren, an denen sie in der Vergangenheit Nahrung bekommen haben, oder sie bestimmen ihren Aufenthaltsort, indem sie errechnen, wie lang sie sich in welche Richtung bewegt haben. Allerdings wusste man bislang nicht genau, wie das Gehirn diese Informationen verarbeitet.

Die Wissenschaftler haben für ihre Experimente keine Säugetiere ausgewählt, bei denen das Gehirn groß und der Mechanismus kompliziert ist, sondern drei Millimeter große Fruchtfliegen. Da man zur Untersuchung der Informationsverarbeitungsweise im Gehirn des Testobjekts die Fliegen fixieren muss, nutzte man eine Virtual-Reality-Einrichtung, bei der sich mit dem Flügelschlag der fixierten Fliege die Landschaft ändert. Bei Nutzung der Einrichtung lässt man das mit einer Stecknadel fixierte Insekt mit den Flügeln schlagen, folgert aus dem Flügelschlag, in welche Richtung es zu fliegen versucht, und bewegt die Bilder der Landschaft entsprechend. Dadurch schafft man eine Situation wie beim Erkundungsverhalten, d.h. als würde die Fliege sozusagen durch den Raum fliegen, und kann dabei die Gehirnaktivitäten aufzeichnen.

Man führte mit der Einrichtung verschiedene Experimente durch, und bei der Analyse der Daten zeigte sich, dass die Fliege nicht nur anhand der aktuell wahrgenommenen Landschaft, sondern auch durch die Erinnerung an die einige Sekunden zuvor gesehene Landschaft entscheidet, wohin sie als nächstes fliegen wird, und dass dieses Erkundungsverhalten in einer als verlängertes Mark bezeichneten Region des Gehirns verwaltet wird. Es wurde deutlich, dass in der Hirnregion verschiedene Informationsverarbeitungen u.a. zur Position des Objektes, das die Fliege aktuell sieht, und des Objektes, das sie erinnert, sowie zu den eigenen Aktivitäten der Fliege durchgeführt werden. Ferner zeigte sich, dass der Nervenkreis, der die Information des Gedächtnisses übermittelt, und der Nervenkreis, der die Information bzgl. der eigenen Aktivitäten übermittelt, im Gehirn parallel verlaufende, verschiedene Kreise sind.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass durch diesen Mechanismus der parallelen Nervenkreise der Fliege verschiedene Informationen nicht durcheinander geraten und ein präzises Erkundungsverhalten möglich ist. Die Forschungsergebnisse wurden in der Online-Ausgabe der englischen Fachzeitschrift „Nature Neuroscience“ vom 04.09.2017 veröffentlicht.

(Quelle: Science Portal 14.09.2017)

www.riken.jp/en/pr/press/2017/20170905_1/

www.nature.com/articles/nn.4628


Mögliche Therapie für Down-Syndrom

Ein Forscherteam um Prof. Dr. Masatoshi Hagiwara von der Graduate School of Medicine der Kyoto University hat am 04.09.2017 bekanntgegeben, dass man einen chemischen Stoff entdeckt habe, der zur Ankurbelung des Wachstums von Nervenzellen im Gehirn von Menschen mit Down-Syndrom sowie zur Verbesserung ihrer Lernfähigkeit beitragen könnte.

Das in den meisten Fällen durch ein dreifaches statt des normalen zweifachen Auftretens des Chromosoms 21 verursachte Down-Syndrom beeinträchtigt genetisch bedingt die intellektuellen Fähigkeiten, da das zusätzliche Chromosom das Wachstum von Nervenzellen hemmt. Eine pränatale Diagnose der Erkrankung ist möglich, es gibt aber derzeit keine Therapien zur Normalisierung der Gehirn-Funktionen.

Bei der Suche nach einem Stoff, der das Wachstum von für die Produktion von Nervenzellen verantwortlichen Nervenstammzellen ankurbelt, hatten die Wissenschaftler 717 in Frage kommende Stoffe untersucht. Dabei waren sie auf die chemische Verbindung Algernon (altered generation of neurons) gestoßen.

Das Team bildete mit induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) Zellen von Personen mit Down-Syndrom nach und bestätigte, dass der Stoff das Zielgen an einer Drosselung der Produktion von Nervenstammzellen hinderte und die Zahl der neuentstandenen Neuronen beinahe auf ein Niveau wie bei Menschen ohne das Syndrom erhöhte.

Darüber hinaus verabreichte die Gruppe über einen Zeitraum von fünf Tagen schwangeren Mäusen mit Föten mit Down-Syndrom einmal täglich Algernon. Sie stellte fest, dass die Hirnrinde der Föten nicht dünner wurde, was ein typisches Merkmal für das Down-Syndrom ist. Ferner zeigte sich nach Geburt der Mäuse bei einer Studie zur Lernfähigkeit in einem Labyrinth, dass die Mäuse die gleichen Ergebnisse erzielten wie Mäuse ohne das Syndrom.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Algernon durch die Hemmung der Aktivität eines bestimmten Gens und das dadurch ermöglichte normale Wachstum von Nervenstammzellen bei den Mäusen Abnormitäten in der Hirnstruktur verhinderte und die Lernfähigkeit verbesserte.

Nach Angaben des Teams könnten die Forschungsergebnisse zur Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung des Down-Syndroms bei Föten sowie zur Behandlung anderer neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson führen. Ferner will man Medikamente für die Behandlung von Hirninfarkten und anderer Störungen entwickeln, an denen Patienten mit Down-Syndrom leiden.

Die Ergebnisse wurden in der amerikanischen Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ vom 19.09.2017 veröffentlicht.

(Quellen: Mainichi, Japan Times 05.09.2017)

http://www.pnas.org/content/114/38/10268


Humane Stammzellen wirken bei Affen mit Parkinson

Eine Forschergruppe um Prof. Dr. Jun Takahashi vom Center of Research and Application (CiRA) der Kyoto University hat nach eigenen Angaben die Sicherheit und Funktionsweise von aus humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) produzierten Nervenzellen nachgewiesen, die in die Gehirne von an Parkinson erkrankten Affen transplantiert wurden. Nach der Transplantation zeigte sich bei den Tieren über einen Zeitraum von zwei Jahren eine deutliche Verbesserung der Erkrankung.

Bei der Parkinson-Erkrankung erfolgt eine Degeneration bestimmter Zellen im Gehirn, die als dopaminerge (DA) Neuronen bekannt sind. Wenn die ersten Anzeichen der Erkrankung festgestellt werden, hat der Patient schon über die Hälfte der DA-Neuronen verloren. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Transplantation von aus fetalen Zellen produzierten DA-Neuronen die Erkrankung lindern kann. Die Nutzung von fetalen Zellen ist jedoch umstritten, und da iPS-Zellen aus Blut oder Haut hergestellt werden können, plant das Team die Nutzung von aus iPS-Zellen produzierten DA-Neuronen für Behandlungen beim Menschen. Nach Angaben von Takahashi hat die Forschung der Gruppe gezeigt, dass die Qualität der aus iPS-Zellen hergestellten DA-Neuronen der der aus fetalen Zellen des Mittelhirns produzierten DA-Neuronen entspricht.

Zur Prüfung der Sicherheit und Effektivität der Zellen hat das Team-Mitglied Tetsuhiro Kikuchi diese in die Gehirne von Affen transplantiert. Nach Angaben von Kikuchi hatte man DA-Neuronen aus verschiedenen iPS-Zelllinien hergestellt. Einige wurden aus iPS-Zellen von gesunden Spendern erzeugt, andere von an Parkinson erkrankten Spendern. Die für die Umwandlung von iPS-Zellen in Neuronen genutzte Differenzierungsmethode ist laut Kikuchi auch für klinische Studien geeignet. Generell geht man davon aus, dass das Ergebnis einer Zelltherapie von der Anzahl der transplantierten Zellen abhängt, die überleben. Kikuchi fand jedoch heraus, dass die Qualität der Zellen wichtiger ist als deren Anzahl. Jedes Tier erhielt von einem anderen iPS-Zell Spender angefertigte Zellen, und man stellte fest, dass die Qualität der Spenderzellen einen großen Einfluss auf das Überleben der Neuronen hatte. Um die Hintergründe zu verstehen suchte Kikuchi nach Genen, die verschiedene Expressionsebenen zeigten, und stieß dabei auf elf Gene, die die Qualität der Vorläuferzellen bestimmen. Eines dieser Gene war Dlk1.

Laut Kikuchi ist Dlk1 einer der prädiktiven Marker für die Zellqualität bei DA-Neuronen, die aus embryonalen Stammzellen (ES-Zellen) produziert und in Ratten transplantiert wurden. Das Team fand Dlk1 in DA Neuronen, die Affen transplantiert worden waren. Die Wissenschaftler untersuchen Dlk1 zur Beurteilung der Qualität der Zellen für eine klinische Anwendung.

Eine andere Besonderheit der Studie ist die für die Einschätzung der Überlebensrate der Zellen im Patientengehirn verwendete Untersuchungsmethode. Die Studie zeigte, dass die Untersuchungsverfahren Magnetresonanztomographie (MRT) und Positronen-Emissions-Topographie (PET) für die Nachsorge der Patienten geeignet sind. Es sind nichtinvasive Verfahren, und da die Patienten nach einer Zelltransplantation regelmäßig untersucht werden müssen, werden diese bevorzugt.

Die Wissenschaftler werden bis Herbst 2018 die Genehmigung zum Beginn der klinischen Forschung am Menschen bei einem Ausschuss der Universität beantragen. Sie hoffen vor Ende 2018 Kandidaten für die iPS-Zelltherapie anwerben zu können, deren Beginn noch für das Fiskaljahr 2018 (Ende: 31.03.2019) am Kyoto University Hospital geplant ist.

Die Forschungsergebnisse wurden in der Online-Ausgabe der britischen Fachzeitschrift „Nature“ vom 30.08.2017 veröffentlicht.

(Quellen: Jiji Press 31.08.2017, Pressemitteilung CiRA 31.08.2017)

http://www.cira.kyoto-u.ac.jp/e/pressrelease/news/170831-090000.html

https://www.nature.com/articles/nature23664?WT.feed_name=subjects_developmental-biology


Start von klinischen Versuchen mit über iPS-Zellen entdecktem Medikament

Ein Forscherteam um Prof. Dr. Junya Toguchida und Associate Professor Makoto Ikeya vom Center of Research and Application (CiRA) der Kyoto University hat Anfang Oktober 2017 mit den nach eigenen Angaben weltweit ersten klinischen Versuchen mit einem Medikament begonnen, das über Forschung mit induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) gefunden wurde.

Die Wissenschaftler testen ein Medikament zur Behandlung der Krankheit Fibrodysplasia Ossificans Progressiva (FOP). Bei der sehr seltenen genetischen Störung wird Weichteilgewebe wie Muskelgewebe schrittweise in Knochen umgewandelt. Die Erkrankung wird durch eine Mutation im ACVR1-Gen verursacht.

Toguchi und Ikeya haben lange zusammengearbeitet, um unter Verwendung patienteneigener iPS-Zellen zu erforschen, wie die ACVR1-Mutation FOP auslöst. Toguchida, der auch als orthopädischer Chirurg am Kyoto University Hospital arbeitet, hat über Interessenvertretungen der Patienten Zugang zu etwa der Hälfte der japanischen FOP Patienten gehabt, während der Entwicklungsbiologe Ikeya das anormale Knochenwachstum durch Differenzierung dieser iPS-Zellen in Knochen- oder Weichgewebezellen untersuchte.

ACVR1 codiert für einen Rezeptor, der die Signalwirkung von knochenmorphogenetischen Proteinen (Bone Morphogenetic Protein (BMP)) aktiviert. BMP stand im Zentrum von Studien zur Entdeckung von Arzneimitteln bis der Gastwissenschaftler Kyosuke Hino von der Sumitomo Dainippon Pharma Co., Ltd. zeigte, dass ACVR1 auch die Signalwirkung des Hormons Activin-A aktiviert. Nach Angaben von Toguchida bietet dieses Ergebnis eine bessere Einsicht in die Erkrankung und liefert gleichzeitig für eine therapeutische Behandlung in Frage kommende Medikamente. Man wisse zwar das Activin-A ein Auslöser für die Knochenbildung bei FOP ist, aber es sei nicht bekannt, wie das Activin-A Signal Knochen erzeugt.

Um Arzneimittelverbindungen zu finden nutzte Hino ein High-Throughput Screening (HTS, Hochdurchsatz-Screening) und stieß dabei auf Rapamycin. Rapamycin ist ein zugelassenes Medikament, das im Allgemeinen zur Unterdrückung von Immunreaktionen bei Transplantationen oder anderen Behandlungen eingesetzt wird. Laut Ikeya ist das von dem Team genutzte HTS-System einzigartig, da man damit in Tiermodellen die Wirkung von Medikamenten auf menschliche Zellen testen kann. Normalerweise würden Patientenzellen außerhalb des Körpers getestet. Ferner habe man nach Medikamenten gesucht, die derzeit auf dem Markt sind. Diese Medikamente sollen klinische Versuche beschleunigen, da man bereits ihre Dosierung und Nebenwirkungen kenne. Um die Untersuchungsergebnisse für Rapamycin zu bestätigen, testeten die Wissenschaftler das Medikament bei immundefizienten Mäusen, die über aus iPS-Zellen von FOP Patienten produzierte Zellen verfügten. Diese Mäuse zeigen normalerweise FOP-Symptome, aber die orale Verabreichung von Rapamycin verhinderte das vermehrte Knochenwachstum. Weitere Studien zeigten, dass Rapamycin nicht die Zellen der FOP Patienten vernichtete, sondern stattdessen die Signalwirkung von mTOR (mechanistic Target of Rapamycin) unterdrückte. mTOR ist ein in allen Säugetieren vorkommendes Enzym. Toguchida weist darauf hin, dass es viele Systeme im Körper reguliert und auf Umweltfaktoren wie Nahrung und Stress reagiert. Seine Dysregulation verursache viele Funktionsstörungen wie Krebs, Diabetes und Neurodegeneration. Seine Rolle beim Knochenwachstum wurde noch nicht genau untersucht.

Basierend auf diesen Forschungsergebnissen hat Toguchida von der japanischen Regierung die Genehmigung zum Beginn des klinischen Versuchs erhalten. Es ist die weltweit erste klinische Studie für ein Medikament, die auf Ergebnissen mit einem Modell auf Grundlage von iPS-Zellen basiert. Die Forschungsergebnisse wurden in der Online-Ausgabe der amerikanischen Fachzeitschrift „The Journal of Clinical Investigation“ vom 31.07.2017 veröffentlicht.

(Quellen: NHK 06.10.2017, Pressemitteilung CiRA 01.08.2017)

http://www.cira.kyoto-u.ac.jp/e/pressrelease/news/170801-091500.html


Erfolgreicher Start von GPS-Satellit Michibiki No. 4

Japan hat am 10.10.2017 erfolgreich den letzten Satelliten seiner eigenen aus vier Satelliten bestehenden Version des Globalen Positionsbestimmungssystems (GPS) mit Namen „Quasi-Zenit-Satelliten-System“ (QZSS) (vgl. JSPS Rundschreiben 03/2017) ins All geschossen.

Der Satellit Michibiki (Wegleitung) No. 4 hob an Bord einer H-2A Rakete vom Weltraumbahnhof Tanegashima in der Präfektur Kagoshima ab. Der GPS-Satellit wurde ca. 28 Minuten nach dem Start in eine Umlaufbahn in Höhe von etwa 273 Kilometern gebracht.

Der erste Satellit, Michibiki No. 1, wurde vor sieben Jahren ins All gesendet, zwei weitere folgten im Juni und August 2017. Die derzeitige Fehlerspanne des sich im Besitz der USA befindenden GPS von etwa zehn Metern wird durch die Zusammenarbeit mit dem japanischen QZSS auf ein paar Zentimeter reduziert werden.

Man geht davon aus, dass das QZSS für vollautomatisierte Landwirtschafts- oder Baumaschinen sowie Lieferdienste mit Drohnen und andere neue Dienstleistungen genutzt werden wird. Es soll seinen Betrieb im Frühjahr 2018 aufnehmen.

(Quelle: NHK 10.10.2017)


Venussonde Akatsuki entdeckt Jetstream über Venus

Daten der Venussonde Akatsuki, die die Venus umkreist (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2016), zeigen sehr starke Winde über dem Äquator des Planeten. Die gesamte Atmosphäre der Venus rotiert viel schneller als die Venus selber. Es handelt sich um eine einzigartige Situation, die als Superrotation bezeichnet wird und deren Mechanismus bis heute größtenteils ungeklärt ist.

Wissenschaftler wussten, dass starke „Superrotations-Winde“ mit einer Geschwindigkeit wehen, die um mehrere Dutzend höher ist als die Venusrotation. Sie waren davon ausgegangen, dass die Windgeschwindigkeit, unabhängig von der Höhe, überall gleich ist.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern der Hokkaido University, der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) und anderer Einrichtungen hat diese Annahme widerlegt. Ihre Erkenntnisse basieren auf im Juli 2016 von Akatsuki mit einer Infrarotkamera aufgenommenen Bildern. Die Wissenschaftler beobachteten heftige Winde mit einer Geschwindigkeit von 320 km/h in der unteren und mittleren Wolkenregion in einer Höhe von 45-60 km. Nach Angaben der Wissenschaftler ist dieser Jetstream (Strahlstrom) stärker als in größeren Höhen. Die maximale Windgeschwindigkeit wurde in der Nähe des Äquators registriert. Das Phänomen wurde als „äquatorialer Strahl der Venus“ bezeichnet.

Man geht davon aus, dass theoretische und numerische Analysen der Dynamik des äquatorialen Strahls der Venus und andere Beobachtungen dazu beitragen, die lang erörterten Mysterien der Superrotation auf der Venus zu lösen.

Die Forschungsergebnisse wurden in der Online-Ausgabe vom 28.08.2017 der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht.

(Quellen: NHK 31.08.2017, Pressemitteilung JAXA 05.09.2017)

http://global.jaxa.jp/projects/sat/planet_c/

https://www.global.hokudai.ac.jp/blog/equatorial-jet-in-venusian-atmosphere-discovered-by-akatsuki/

https://www.nature.com/articles/ngeo3016


Riesige Höhle unter Mondoberfläche entdeckt

Ein internationales Forscherteam, dem u.a. Wissenschaftler der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) angehören, hat nach eigenen Angaben durch Untersuchung von Beobachtungsdaten der Mondsonde „Kaguya“ unter der Mondoberfläche eine 50 km lange Höhle entdeckt, bei der es sich vermutlich um eine Lavaröhre handelt.

Kaguya war ein im Jahr 2007 gestarteter Mondorbiter der JAXA, der bis 2009 in Betrieb war. In den 1,5 Jahren, in denen die Sonde den Mond umkreiste, sammelte sie riesige Datenmengen. Im Jahr 2009 stieß Kaguya am Marius Krater auf ein Loch mit einem Durchmesser und einer Tiefe von etwa 50 m. Bei weiteren Untersuchungen des Gebiets mit Radiowellen wurde die Lavaröhre entdeckt, die sich vor etwa 3,5 Mrd. Jahren gebildet hat. Vermutlich hat sie eine Breite von mehreren Dutzend Metern. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Höhle in Folge eines Temperatursturzes an der Lavaoberfläche entstanden ist. Ähnliche Lavaröhren gibt es beim Fuji und auf Hawaii. Mitglieder des Teams, darunter Tetsuya Kaku, Doktorand der Tokai University, und Junichi Haruyama, Associate Professor der JAXA, hatten von dem Radargerät der Sonde, dem Lunar Radar Sounder (LRS), gesammelte Daten analysiert und die unterirdische Struktur um das Loch herum untersucht. Laut Kaku ist die Höhle ein aus wissenschaftlicher Sicht nützlicher Ort. Er sieht die Möglichkeit, dort Wasser, aber auch Mineralien zu finden, die zur Zeit der Entstehung des Mondes gebildet wurden.

Die unter dem Krater gelegene Höhle könnte Astronauten als Schutzraum bei zukünftigen Missionen auf dem Mond dienen, da die Temperaturen im Inneren der Höhle stabil sind und diese Schutz vor kosmischer Strahlung sowie Sonnenstrahlung bietet.

Die Forschungsergebnisse wurden in der amerikanischen Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters“ veröffentlicht.

(Quellen: Japan Times 18.10.2017, Jiji Press 19.10.2017)

http://www.isas.jaxa.jp/en/topics/001159.html


Umfrage der Asahi Glass Foundation zu globalen Umweltproblemen

Die japanische Asahi Glass Foundation (AF) gab am 08.09.2017 bekannt, dass basierend auf ihrer unter Umweltexperten aus der ganzen Welt durchgeführten Umfrage im Jahr 2017 der Zeiger der „Environmental Doomsday Clock“, die das Krisenbewusstsein für Umweltprobleme in Zeit anzeigt, im Vergleich zum Jahr 2016 um zwei Minuten vorgerückt ist. Neben dem Jahr 2008 ist 2017 bislang das Jahr, in dem das Krisengefühl am höchsten ist.

Die Environmental Doomsday Clock gibt auf der Basis der Ergebnisse der von der AF seit 1992 durchgeführten Umfrage „Questionnaire on Evironmental Problems and the Survival of Humankind“ den Ernst der globalen Umweltsituation in Form der Uhrzeiten 00.01 Uhr bis 12.00 Uhr an. Die AF erachtet eine Uhrzeit nach 09.00 Uhr als Zustand der „äußersten Angst“. Der Fragebogen wird weltweit an Experten für Umweltprobleme aus Regierung und Selbstverwaltungskörperschaften, Nichtregierungsorganisationen (NGO), Universitäten und Forschungsinstituten, Unternehmen etc. geschickt, mit der Bitte, Krisenuhrzeiten anzugeben. Dieses Jahr wurde die Umfrage unter über 2.000 Wissenschaftlern sowie Verantwortlichen aus Regierung und Unternehmen aus 130 Ländern durchgeführt.

Nach Angaben der AF gibt die Uhr in diesem Jahr eine Weltdurchschnittszeit von 09.33 Uhr an und spiegelt damit das Gefühl „äußerster Angst“ wider. 55 % der Befragten gaben die Amtseinführung von Präsident Trump als Grund an, darunter lagen die Amerikaner mit 80 % an erster Stelle. Man geht davon aus, dass der Austritt der Regierung Trump aus dem Pariser Klimaschutzabkommen eine Rolle gespielt hat.

Gemäß weiterer Umfrageergebnisse wurde bei den Antworten dem Klimawandel mit 29 % am meisten Bedeutung beigemessen, gefolgt von der Biodiversität mit 12 % und Wasserressourcen mit 11 %. Nach Land und Regionen betrachtet, war man in Japan der Meinung, dass die Zeiger der Uhr im Vergleich zu 2016 um acht Minuten auf 09.11 Uhr vorgerückt wären, aber verglichen mit dem Weltdurchschnitt geht sie um 22 Minuten nach.

Nach Regionen getrennt gesehen, herrscht in Japan nach Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion sowie dem Nahen und Mittleren Osten das drittniedrigste Krisenempfinden. Hingegen ist in Ozeanien mit 10.23 Uhr das Krisengefühl am größten, gefolgt von Nordamerika mit 10.08 Uhr.

(Quelle: Science Portal 12.09.2017)

http://www.af-info.or.jp/blog/q-info_en/results-of-the-26th-annual-questionnaire-on-environmental-problems-and-the-survival-of-humankind-ann.html