JSPS Rundschreiben aus Wissenschaft und Forschung | Nr. 01/2024 | Ausgabe 125

JSPS Rundschreiben, 01/2024, Nr. 125  (195 KB)
 


Tohoku University als Kandidat für 10-Billionen-Yen-Fond der Regierung

Das Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) hat am 01.09.2023 bekannt gegeben, dass die Tohoku University als Kandidat für eine „University of International Research Excellence“ (UIRE), die über die Investitionsgewinne eines 10-Billionen-Yen-Fonds (61,89 Mrd. Euro) gefördert werden, ausgewählt wurde. Die Universität muss jedoch vorab noch bestimmte Bedingungen erfüllen. Da Einrichtungen ausgewählt werden sollen, die das Potenzial zur Erreichung der weltweit höchsten Forschungsstandards haben, treibt die Tohoku University nun Vorbereitungen wie die Verbesserung der Pläne zur Stärkung ihrer Struktur sowie die Einführung eines Kollegialsystems als Beschlussfassungsorgan voran und strebt die offizielle Anerkennung als eine UIRE an. Im Fall eines positiven Bescheides würde die Förderung im Laufe des nächsten Fiskaljahres (Beginn: 01.04.2024) anfangen.

In den letzten Jahren waren japanische Universitäten im Vergleich zu ausländischen Spitzenuniversitäten, die Dank umfangreicher finanzieller Mittel ihre Forschungskraft stärken konnten, ins Hintertreffen geraten und es wurde darauf hingewiesen, dass in Japan die Qualität und Quantität der Publikationen abgenommen hat. Vor diesem Hintergrund hat die Regierung den Fond mit der Begründung eingerichtet, dass von den Universitäten die Anwerbung weltweit erstklassiger Wissenschaftler, die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie eine Entlastung der Wissenschaftler, damit diese mehr Zeit für die Forschung haben, verlangt wird (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2022).

Zur Bewerbungsfrist Ende März 2023 hatten sich acht staatliche und zwei private Universitäten beworben (vgl. JSPS Rundschreiben 02/2023). Die Auswahl wurde von einem zehnköpfigen Expertengremium namens „Advisory Board“ vorgenommen, dem auch Experten aus dem Ausland und von Unternehmen angehören.

Bei der Bewertung wurden folgende Aspekte berücksichtigt: 1. Forschungskraft, die international herausragende Forschungsergebnisse hervorbringen kann, 2. Hocheffiziente und ambitionierte Geschäfts- und Finanzstrategien, 3. Autonomes und verantwortungsvolles Verwaltungssystem. Zu den spezifischen Kriterien gehören die Anzahl hervorragender Publikationen, die in anderen Veröffentlichungen häufig zitiert werden, die Höhe der von Unternehmen und aus anderen Quellen erhaltenen Forschungsmittel sowie die Fähigkeit, schnell auf neue akademische Fachgebiete und interdisziplinäre Bereiche reagieren zu können. Die Entscheidung basiert nicht nur auf den Leistungen der Universitäten, sondern auch auf ihren Visionen und ihrem Engagement für einen Wandel zu Forschungsuniversitäten mit weltweitem Spitzenniveau.

Die Bewerbung der Tohoku University bewertete das Expertengremium als „systematischen Plan mit klaren Key Performance Indicators (KPIs (Schlüsselkennzahlen)) und Meilensteinen“, „klare Strategie für den Aufbau eines neuen Forschungssystems“ und stellte fest, dass „Reformideen die Struktur durchdringen“. Andererseits wurde u.a. darauf hingewiesen, dass das Ziel, die Summe der von privaten Unternehmen und aus anderen Quellen erhaltenen Forschungsmittel um mehr als das Zehnfache zu erhöhen, über die Erweiterung des bisherigen Wachstumsmodells schwer zu erreichen sei und die Bereitschaft, Forscher und Studenten aus dem Ausland aufzunehmen noch im Aufbau begriffen wäre.

Die Bedingungen zur Anerkennung als UIRE bestanden darin, sechs Punkte genau zu prüfen und zu klären. Diese sind: „Wege zur Verbesserung der Forschungskapazität der gesamten Universität, einschließlich der Geistes- und Sozialwissenschaften“, „Internationalisierung in allen Bereichen“, „Einrichtung eines neuen und dynamischen Forschungssystems“, „Reformen der Graduate Schools und einer Forschungsuniversität angemessene Fakultätsreformen“, „Verbesserung der Finanzstrategien und Maßnahmen zur Steigerung der Einnahmen durch Zusammenarbeit von Industrie und Universitäten“, „Einrichtung eines Governance-Systems, das die kontinuierliche Umsetzung der Pläne zur Verbesserung des Systems gewährleistet“.

Neben der Tohoku University hatten sich die folgenden Universitäten beworben: Waseda University, Institute of Science Tokyo (Name des Tokyo Institute of Technology (Tokyo Tech) und der Tokyo Medical and Dental University (TMDU) nach ihrer für das Fiskaljahr 2024 geplanten Fusion (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2023)), Nagoya University, Kyoto University, University of Tokyo, Tokyo University of Science, University of Tsukuba, Kyushu University und Osaka University. Das Expertengremium veröffentlichte eine Zusammenfassung der Bewerbungen und ihre individuellen Stellungnahmen dazu, da man die Herausforderung, der sich die Universitäten mit der Bewerbung gestellt haben und die beträchtliche Mühe, die sie dafür investiert haben, unterstützen möchte.

Der Fond wurde im März 2022 von der Japan Science and Technology Agency (JST) eingerichtet. Zur Stärkung der japanischen Forschungskraft sollen jährlich bis zu 300 Milliarden Yen (1,86 Mrd. Euro) an Investitionsgewinnen gezahlt werden.

(Quelle: Science Portal 01.09.2023)

https://www.tohoku.ac.jp/en/news/university_news/university_for_international_research_excellence.html


Förderung von naturwissenschaftlicher Ausbildung an japanischen Universitäten

Gemäß einer Ankündigung des Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) vom 21.07.2023 erhalten japanische Universitäten Anreize, ihre naturwissenschaftlichen Institute auszubauen oder diese neu aufzubauen.

Im Rahmen von Bemühungen zur Stärkung der naturwissenschaftlichen Ausbildung in Japan, insbesondere auf Gebieten rund um grüne und digitale Technologie, könnten 111 japanische Universitäten und Technical Colleges Zuschüsse aus einem von der Regierung eingerichteten 300-Milliarden-Yen-Fonds (1,86 Mrd. Euro) erhalten.

Japan will seine internationale Stellung in der Forschung in den Bereichen Naturwissenschaften und Technologie verbessern. Laut einem im letzten Jahr von einem dem MEXT angegliederten Think-Tank veröffentlichten Bericht nahm Japan in den drei Jahren bis 2020 weltweit den 12. Platz bei der Anzahl häufig zitierter wissenschaftlicher Publikationen ein. Dies ist ein erheblicher Rückgang gegenüber dem Stand Anfang der 2000er-Jahre, als Japan weltweit an vierter Stelle stand.

Das Problem lässt sich auf die japanischen Universitäten zurückführen, wo nur 35 % der Studierenden einen Abschluss in den MINT-Fächern machen, während es in den USA 38 %, in Südkorea 42 % und in Großbritannien 45 % sind. Es ist nicht so, dass sich weniger japanische Studierende für MINT-Fächer entscheiden, aber andere Länder drängen stärker auf eine Erhöhung ihres naturwissenschaftlichen Anteils an den Hauptfächern, in der Hoffnung eine führende Stellung in sich schnell verändernden Industriebereichen einnehmen zu können.

Das neue Programm des Bildungsministeriums verfolgt einen zweigleisigen Ansatz und hat eine Laufzeit von maximal zehn Jahren.

Der erste Teil des Plans konzentriert sich auf öffentliche und private Universitäten, die zur Stärkung der Ausbildung in digitalen und grünen Technologien neue Institute aufbauen oder strukturelle Änderungen an bereits existierenden Instituten vornehmen möchten.

Der zweite Teil richtet sich an japanische Universitäten, die bereits Institute in diesen Bereichen haben und hoch qualifizierte Talente fördern möchten.

Bei der Ankündigung des Programms teilte das MEXT mit, dass es bereits 206 Universitäten und fünf Technical Colleges ausgewählt habe, die für eine Förderung in der ersten Kategorie in Frage kommen, und ermutigt sie zur Änderung bestehender Fakultäten in naturwissenschaftliche.

Die Bewerbungsfrist für die zweite Kategorie endet zum Ende des Fiskaljahres 2025 (Ende: 31.03.2026). Bewerbungen für die erste Kategorie können bis zum Ende vom Fiskaljahr 2032 (Ende 31.03.2033) eingereicht werden.

Zu den ausgewählten Universitäten zählt die Fukui Prefectural University, die bis zum Jahr 2025 ein Institut für Dinosaurier-Paläontologie aufbauen will, das erste seiner Art in Japan.

Bei etwa 30 % der in der ersten Kategorie ausgewählten Einrichtungen handelt es sich um Universitäten, die sich derzeit hauptsächlich auf die Ausbildung in den Geisteswissenschaften fokussieren, aber erstmals die Gründung eines Instituts für die MINT-Fächer planen. Sie werden jeweils Fördermittel in Höhe von bis zu zwei Milliarden Yen (12,2 Mio. Euro) erhalten.

Im Rahmen einer am 21.07.2023 abgehaltenen Pressekonferenz teilte Bildungsministerin Keiko Nagaoka mit, man strebe an, dass die ausgewählten Institute ihre Vorhaben realisieren. Es würden weiterhin Bewerbungen entgegengenommen und man möchte daher, dass auch weitere Institutionen aktiv über ihre Teilnahme an dem Programm nachdenken.

Drei staatliche Universitäten wurden vom MEXT im Juni 2023 bei einem anderen Programm in die engere Auswahl genommen, das darauf abzielt, japanische Universitäten über einen 10-Billionen-Yen-Fonds (60,8 Mrd. Euro) auf ein Niveau mit den besten Universitäten der Welt zu bringen (vgl. JSPS Rundschreiben 02/2023 und vorherigen Artikel).

Darüber hinaus plant das Ministerium eine Ausweitung der Stipendien ab April 2024. Zu den Geförderten würden Studierende aus Haushalten mit mittlerem Einkommen zählen, die sich auf die MINT-Fächer spezialisieren wollen (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2023).

Im Rahmen des Förderprogramms plant die in der Präfektur Yamaguchi gelegene und auf MINT-Fächer spezialisierte Sanyo-Onoda City University eine Erhöhung der Anzahl von Studentinnen, indem sie die Wohnheime für Frauen sowie andere Einrichtungen ausbaut.

Frauenuniversitäten in Japan haben aufgrund der abnehmenden Zahl an 18-Jährigen und der Änderung der Vorstellungen der Studentinnen zu kämpfen (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2023). Lange Zeit galten sie als Schulen mit Schwerpunkt auf Hauswirtschaftslehre und Geisteswissenschaften. Die Förderung von Frauen in der japanischen Gesellschaft hat dazu geführt, dass sich Studentinnen vermehrt für gemischte Universitäten in städtischen Gebieten entscheiden anstatt für Frauenuniversitäten, wo die Studienmöglichkeiten und Einschreibekapazitäten begrenzt sind.

Die Koriyama Women‘s University ist eine traditionelle Einrichtung mit einem Institut für Haushaltswissenschaft, das Kurse für Sozialfürsorge und Architekturdesign anbietet, sowie einer Fakultät für Hauswirtschaft mit einem Institut für Lebensmittel und Ernährung.

Neben dem traditionellen Unterricht legt die Universität Wert auf Kooperationen mit lokalen Regierungen und Unternehmen in der Präfektur Fukushima. In diesem Jahr erhielt sie vom MEXT eine Akkreditierung für ihren Lehrplan „Anerkanntes Programm für Mathematik, Datenwissenschaft und künstliche Intelligenz (KI)“.

Neben ihrem Appell an die japanischen Universitäten muss die Regierung eine Karriere im MINT-Bereich für junge Menschen attraktiver machen und die Arbeitsbedingungen für Hochschulabsolventen in den Bereichen Naturwissenschaft und Technologie verbessern.

(Quelle: Techhq.com 27.07.2023)

https://www.mext.go.jp/content/20230721-mxt_senmon01-74.pdf


Japanische Universitäten verbessern sich im THE-Ranking

Zwei japanische Top-Universitäten haben sich beim „Times Higher Education World University Rankings 2024“ der englischen Fachzeitschrift „Times Higher Education“ (THE) im Vergleich zum letzten Ranking verbessert.

Die University of Tokyo belegt den 29. Rang und ist damit im Vorjahresvergleich um zehn Plätze aufgestiegen, während die Kyoto University sich mit dem 55. Rang um 13 Plätze verbessert hat, da sie vorher noch an 68. Stelle stand.

Die ersten zehn Plätze werden alle von Universitäten aus Großbritannien oder den USA eingenommen. Auf der Spitzenposition steht seit acht Jahren in Folge die britische University of Oxford. Die US-amerikanische Stanford University hat sich um einen Platz verbessert und nimmt nun die zweite Stelle ein, während das Massachusetts Institute of Technology um zwei Plätze auf Rang drei aufgestiegen ist. Die US-amerikanische Harvard University hingegen ist um zwei Positionen auf die vierte Stelle zurückgefallen. Die britische University of Cambridge belegte beim letzten Ranking noch gemeinsam mit der Stanford University den dritten Platz, ist aber indessen auf Rang fünf abgerutscht.

China hat erstmals zwei Universitäten unter den Top 15. Die Tsinghua University belegt den 12. Rang, während die Peking University an 14. Stelle zu finden ist.

THE zitiert einen Bildungsexperten, der erläutert, dass die großzügige Förderung der chinesischen Regierung und andere Faktoren den chinesischen Universitäten bei der Verbesserung ihrer Positionen in globalen Rankings geholfen haben.

Das Ranking basiert auf 18 Leistungsindikatoren, die die Erfolge in fünf Bereichen bewerten, darunter Lehre, Forschungsumfeld, Forschungsqualität, Industrie und internationale Ausrichtung. Es umfasst 1.906 Universitäten aus 108 Ländern und Regionen und ist damit das bisher größte und vielfältigste Hochschulranking.

(Quelle: NHK 29.09.2023)

https://www.timeshighereducation.com/world-university-rankings/2024/world-ranking


Zahl der Promovierenden in Japan gesunken

Laut Regierungsinformationen und weiteren Daten ist die Zahl der Doktoranden in Japan über die letzten 20 Jahre um ein Fünftel gesunken. Nach Ansicht von führenden Personen aus der Wirtschaft spiegelt dies den Mangel an attraktiven Arbeitsplätzen für Promovierte wider.

Gemäß Daten des Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) und anderer Quellen waren 14.382 Doktoranden im Fiskaljahr 2022 in Promotionsprogrammen in ganz Japan eingeschrieben. Das sind 21 % Prozent weniger als im Rekordjahr 2003, in dem es 18.232 Einschreibungen gab.

Die Ausbildung und Beschäftigung von Promovierten sind eine Herausforderung für Japan, da das Land versucht qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, die für die Aufrechterhaltung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit angesichts neuer Technologien wie der künstlichen Intelligenz (KI) erforderlich sind.

Unter den großen Wirtschaftsnationen hatte Japan laut Angaben des National Institute of Science and Technology Policy (NISTEP) im Fiskaljahr 2020 pro einer Million Einwohner 123 frisch Promovierte und damit deutlich weniger als Deutschland mit 315, das Vereinigte Königreich mit 313 und die USA mit 285 im Haushaltsjahr 2019.

Im Jahr 2021 gab es in Japan insgesamt 25.386 Personen mit Doktortitel, während es in den USA mit 201.750 achtmal so viele waren.

Die sinkende Geburtenrate ist ein Faktor bei Japans Schwierigkeiten, mehr Promovierende hervorzubringen, aber selbst, wenn Personen mit Doktortitel eingestellt werden, haben sie in japanischen Unternehmen nur begrenzte Aussichten, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten einzusetzen.

Nach Aussage von Akiyoshi Koji, stellvertretender Vorsitzender der Japan Business Federation (Keidanren), der die akademischen Partnerschaften der Unternehmenslobby betreut, muss Japan zur Erzielung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums unbedingt eine Wissenschafts- und Technologienation sein. Es müssten unter allen Umständen Promovierte in der Industrie eingesetzt werden, äußerte Koji, der auch Vorsitzender des Getränkekonzerns Asahi Group Holdings ist.

Keidanren versucht durch Praktika Studenten und Hochschulabsolventen zusammenzubringen. Ein anspruchsvolles Praktikumsprogramm für Doktoranden hat eine Dauer von zwei Monaten oder länger. Die Teilnehmer können mit dem Zeugnis des Unternehmens, in dem sie das Praktikum absolvieren, Leistungspunkte erwerben. Das Programm war bisher auf Studierende der Naturwissenschaften beschränkt, konnte aber ab dem Jahr 2023 auf alle Forschungsbereiche einschließlich der Geisteswissenschaften ausgeweitet werden.

Einige japanische Unternehmen erweitern die Möglichkeiten für Promovierte. Mehr als 60 % der 66 Mitarbeiter im KI-Labor des Technologiekonzerns CyberAgent, Inc. haben einen Doktortitel. Seit 2018 werden Praktika für Doktoranden angeboten. Im Laufe von zwei Monaten wählen die Teilnehmer ein ihrem Fachgebiet nahestehendes Thema und fassen ihre Forschungsergebnisse zusammen. Die monatliche Vergütung beträgt bis zu 500.000 Yen (3.033 Euro).

Der Technologiekonzern Fujitsu und der Kosmetikhersteller Shiseido gehören auch zu den Unternehmen, die sich auf die Einstellung von Doktoranden konzentrieren.

Laut Aussage von Koji ist es wichtig, die Bedenken der Doktoranden hinsichtlich ihrer Einkommens- und Karrieremöglichkeiten zu zerstreuen und ihnen ein klares Einstellungsmodell zu präsentieren.

(Quelle: Nikkei 05.09.2023)


Ig-Nobelpreis an japanische Wissenschaftler

Einer der diesjährigen Ig-Nobelpreise (Ig = ignoble = unwürdig, schmachvoll, schändlich) wurde an eine Wissenschaftlerin und einen Wissenschaftler aus Japan vergeben. Mit dem Preis werden nur besonders skurrile Forschungsarbeiten ausgezeichnet, die die Menschen zum Nachdenken bringen sollen. Er wird von der Harvard Universität in zehn Kategorien vor den „richtigen“ Nobelpreisen verliehen und von echten Nobelpreisträgern überreicht. Im Jahr 2023 wurde der Preis zum 33. Mal vergeben. Es waren in den letzten 17 Jahren immer Japaner unter den Preisträgern. Die Auszeichnung wird seit 1991 verliehen.

Den Preis für Ernährung erhielten der 47-jährige Prof. Homei Miyashita von der Meiji University und die 37-jährige Hiromi Nakamura, Project Associate Professor an der University of Tokyo. Ausgezeichnet wurden sie für Experimente zur Untersuchung der Beeinflussung des Geschmacks von Nahrungsmitteln durch elektrisch geladene Essstäbchen und Strohhalme. Sie haben gezeigt, dass durch die Verwendung von schwachem elektrischen Strom leitenden Strohhalmen, Essstäbchen und Gabeln der Geschmack von Getränken sowie Speisen verbessert werden kann, je nachdem, wie der Strom auf der Zunge fließt.

Ihre Forschung basierte auf der bereits bekannten Tatsache, dass eine Person einen einzigartigen Geschmack verspürt, wenn ein schwacher elektrischer Strom durch die Zunge fließt, beispielsweise beim Lecken an einer Trockenzelle, d.h. einer Alkali- oder Zink-Kohle-Batterie. Dieser „elektrische Geschmack“ wurde zum Testen von Geschmacksstörungen eingesetzt.

Miyashita wurde durch die Erfahrung des Leckens an den Elektroden einer quadratischen Batterie inspiriert und begann mit der Erforschung der Änderung des Geschmackssinns durch Elektrizität.

Seit Nakamura als Doktorandin an der Meiji University eingeschrieben war, haben die beiden gemeinsame Forschung zum elektrischen Geschmack betrieben. Im Jahr 2011 veröffentlichten sie eine Publikation mit dem englischen Titel „Augmented gustation using electricity“, in der dargelegt wird, dass sich der Geschmack von Nahrung und Getränken durch die Nutzung von elektrischen Essstäbchen und Strohhalmen ändert. Laut Miyashita war es im Jahr 2011 die erste Studie weltweit, die den Zusammenhang zwischen elektrischem Geschmack und Änderungen im Geschmack von Nahrungsmitteln und Getränken untersuchte.

Später entwickelten sie eine Technologie, die elektrische Stimulation nutzt, um Menschen das Verspüren eines starken Geschmacks auch bei Gerichten ohne Salz zu ermöglichen.

Miyashita betreibt mit dem japanischen Getränkehersteller Kirin Holdings Company, Limited gemeinsame Forschung, die nachweist, dass beim Essen einer salzreduzierten Diät mit 30 % weniger Speisesalz mithilfe von Essstäbchen, durch die schwacher Strom fließt, der salzige Geschmack verstärkt wird. Mit der entwickelten elektrischen Stimulationswellenform zeigte sich eine 1,5-fache Steigerung des Salzgeschmacks. Es wurden bereits Schalen und Löffel entwickelt, die mit dieser Technologie den Salzgehalt erhöhen und man will sie bald in Japan vermarkten.

Nakamura sagte bei der Preisverleihung, sie glaube, dass der elektrische Geschmack zur Entwicklung neuer Geschmacksempfindungen beitragen wird.

Die beiden Wissenschaftler planen die Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI), um neue Essenserlebnisse zu schaffen.

(Quellen: Japan Times 15.09.2023, Science Portal 28.09.2023)

https://www.meiji.ac.jp/koho/press/2023/ignobelprize.html

https://dl.acm.org/doi/10.1145/1959826.1959860


Bekämpfung von Alzheimer mit Schlangengift

Eine Forschergruppe der Tohoku University und anderer Einrichtungen hat herausgefunden, dass eine aus dem Gift der Habu-Giftschlange raffinierte Protease das Protein Beta-Amyloid (Aβ) abbaut, welches als die Alzheimerkrankheit auslösende Substanz erachtet wird. Es war bereits bekannt, dass Enzyme im menschlichen Körper Aβ abbauen, aber man hat nun erstmalig festgestellt, dass auch Toxine von Lebewesen wirksam sind. Man hofft, dass die Entdeckung zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden gegen Alzheimer führen kann.

Associate Professor Eugene Futai und Professor Tomohisa Ogawa, beide von der Graduate School of Agricultural Science der Tohoku University, haben die Wechselwirkung von Metallionen und Proteinen des Habu-Gifts genutzt und eine Protease, d.h. die Schlangengiftmetalloproteina-se (snake venom metalloproteinase (SVMP)), isoliert und gereinigt.

Im Jahr 2018 ist einer Gruppe der Kyushu University und anderen die Sequenzierung des gesamten Genoms der Habuschlange gelungen. Das Habu-Gift setzt sich aus zahlreichen Bestandteilen wie elf Metalloproteinasen zusammen und wird als „Proteincocktail“ bezeichnet. Aufgrund der Wirkung von Metallproteinasen führt der Biss einer Habuschlange beim Menschen bekanntlich zu inneren Blutungen und Blutgerinnung.

In der vorliegenden Studie konzentrieren sich Futai und seine Kollegen auf die Tatsache, dass ein ursprünglich im menschlichen Körper enthaltenes Enzym Beta-Amyloid abbaut. Sie extrahierten neun SVMP, die dem Enzym in ihrer Struktur ähneln und sich vermutlich aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben.

Man ließ einen aus den neun verschiedenen SVMP bestehenden Cocktail auf Aβ-absondernde Zellen einwirken. Die Wissenschaftler konnten beobachten, dass nur Beta-Amyloid abgetrennt und in Peptide mit angehängten harmlosen Aminosäuren gespalten wurde. Ferner wurde bestätigt, dass die Produktion von Aβ aus kultivierten menschlichen Zellen deutlich reduziert wurde.

Bei Verabreichung von SVMP in hoher Konzentration äußerte sich allerdings die Toxizität stärker in Form des Zelltods. Futai erklärte, dass man mittels Mäuseexperimenten bestätigen möchte, welche Konzentration am wirksamsten ist.

Da es sich bei den neun Schlangengiftmetalloproteinasen um einen Cocktail handelt, konnte man nicht identifizieren, welche der Proteinasen wirksam war. Nach Aussage von Ogawa möchte man dies nun überprüfen.

Weil man das Habu-Gift im Labor mit der PCR-Methode, bei der die DNA vervielfältigt wird, oder durch künstliche Gene herstellen kann, könnte das Gift bei Voranschreiten der vorliegenden Forschung als Medikament zur Behandlung von Alzheimer eingesetzt werden.

Die Studie wurde über die „Grants-in-Aid for Scientific Research“ (Kakenhi) der Japan Society for the Promotion of Science (JSPS) gefördert (Grant Number JP22K06121, JP23H00394, JP22K19097).

Die Forschungsergebnisse wurden am 12.08.2023 in der Online-Ausgabe der schweizerischen Fachzeitschrift „Toxins“ veröffentlicht, und die Tohoku University gab am 31.08.2023 eine Pressemitteilung heraus.

(Quelle: Science Portal 18.10.2023)

https://www.tohoku.ac.jp/japanese/2023/08/press20230831-03-habu.html

https://www.mdpi.com/2072-6651/15/8/500


Verwandlung von mineralreichem hartem Wasser in weiches Wasser

Eine Forschergruppe um Professor Kazuhiro Kubo von der Faculty of Education der Gifu University und das Unternehmen TKS Co., Ltd., das Produkte für den häuslichen Nass- und Sanitärbereich herstellt, haben herausgefunden, dass bei stark mineralhaltigem hartem Wasser durch Verdüsung Kalziumionen reduziert werden und es weichem Wasser ähnlich wird. In den nächsten Jahren will die Gruppe auf Messen in Nordamerika, wo sich Regionen mit hartem Wasser ausbreiten, u.a. Prototypen von Nebel erzeugenden Düsen ausstellen, um das Ausmaß der Nachfrage zu untersuchen und festzustellen, ob die Technologie in der Praxis eingesetzt werden kann.

In Japan ist das Wasser überwiegend weich, aber in Europa, den USA und Asien gibt es viel hartes Wasser. Zu den Nachteilen von hartem Wasser zählen eine schlechte Schaumbildung bei Waschmittel und Seife, eine Ablagerung von anorganischem Schmutz in Rohren und dadurch bedingte schnelle Verstopfung sowie erhöhte Gesundheitsrisiken bei übermäßigem Konsum. Daher werden in Gebieten mit hartem Wasser manchmal alkalische Mittel verwendet oder das Wasser wird durch Membranen gefiltert, um es weicher zu machen.

Kubo und seine Kollegen untersuchen seit langem die in aus Düsen versprühtem Wasser enthaltenen winzigen Blasen und stellten fest, dass sich bei Experimenten mit hartem Wasser weiße Ablagerungen bilden. Wenn hartes Wasser durch Energiezufuhr erhitzt und gekocht wird, lagert sich Kalziumkarbonat ab. Andererseits erzeugen winzige Blasen beim Zerplatzen eine hohe lokale Energie. Kubo vermutete, dass beim Zerplatzen der feinen Blasen, die sich beim Zerstäuben des Wassers bilden, ein dem Kochen ähnlicher Zustand entstehen könnte.

Im Experiment wurden 200 Milliliter synthetisches hartes Wasser, in dem Kalziumkarbonat aufgelöst wurde, in einem Becherglas angesetzt. Das harte Wasser wurde mit einem Schlauch angesaugt, mit einer Pumpe unter einem Druck von 10 bar durch eine Düse versprüht und im Becherglas wieder aufgefangen. Die Sprühzeiten reichten von 47 Sekunden bis zwei Stunden.

Man maß bei drei Wassertypen mit unterschiedlichen Härtegraden die Menge der Kalziumionen entsprechend der Sprühzeit, und je härter das Wasser war, desto stärker verringerte sich in Abhängigkeit von der Sprühzeit die Menge der Kalziumionen. Außerdem wurden abhängig von der Sprühzeit eine Abnahme der Leitfähigkeit und ein Anstieg des Wasserstoffionenkonzentrationsindex (pH-Wert) beobachtet, was darauf hinweist, dass Kalziumionen als Kalziumkarbonat ausgefällt wurden.

Zum Mechanismus der Ausfällung von Kalziumkarbonat aus hartem Wasser erklärte Kubo, dass man davon ausgehe, dass es zwei verschiedene Arten der Veränderung gebe, d.h. eine direkt nach dem Zerstäubungsprozess auftretende steile Veränderung und eine allmähliche Veränderung danach.

Bei der Veränderung direkt nach der Behandlung wird durch die schnelle Druckabnahme das im Wasser gelöste Kohlendioxid in die Luft freigesetzt und die feinen Bläschen, die ähnlich wie beim Kochen eine „Kavitation“ auslösen, nehmen zu. Man geht davon aus, dass durch die Zunahme feiner Bläschen ähnlich wie beim Erhitzen von hartem Wasser Kohlendioxid freigesetzt und Kalziumkarbonat ausgefällt wird. Ferner nimmt man an, dass danach die Kristalle mit der Zeit wachsen, wobei das ausgefällte Kalziumkarbonat selbst als Kern dient.

Prof. Kubo möchte nach eigenen Angaben in Zukunft die Umwandlung von hartem Wasser in weiches durch Zerstäubung in der Praxis anwenden und den genauen Mechanismus des Weichmachungsprozesses erforschen.

In den von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) im Dezember 2018 veröffentlichten Leitlinien wird die empfohlene Wasserhärte im Hinblick auf die Senkung des Gesundheitsrisikos auf 40-80 Gramm Kalziumionen pro Liter Wasser festgelegt. Die Forschergruppe geht davon aus, mit der neu entwickelten Technologie hartes Wasser bis zu diesem empfohlenen Bereich weich machen zu können.

Die Forschungsergebnisse wurden im Juli 2023 in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Food Science and Technology Research“ der Japanese Society for Food Science and Technology veröffentlicht. Die vollständige Fassung erschien am 20. November 2023.

(Quelle: Science Portal 31.10.2023)

https://univ-journal.net/233726/

https://www.jstage.jst.go.jp/article/fstr/29/6/29_FSTR-D-23-00059/_article


Forscher züchten erstmals Mäuse-Embryonen im Weltall

Nach Angaben eines japanischen Wissenschaftlerteams haben sich Mäuse-Embryonen im Weltall unter Mikrogravitationsbedingungen normal entwickelt. Der Gruppe gehören Wissenschaftler um Professor Teruhiko Wakayama vom Advanced Biotechnology Center der University of Yamanashi sowie vom Institute of Physical and Chemical Research (RIKEN) und ein Team der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) an.

Die Forschung findet in einer Zeit statt, in der das Interesse der Menschheit an den Auswirkungen der Schwerkraft auf die Reproduktion zunimmt, da die Menschheit in den Weltraum vordringt. Es gibt zwar Fälle von Killifischen und Molchen, die in einem schwerelosen Umfeld geschlüpft sind, aber aufgrund der Schwierigkeiten bei der Zucht existieren nur wenige Studien zur Fortpflanzung von Säugetieren.

Die Wissenschaftler hatten ein Gerät entwickelt, das Astronauten ein einfaches Arbeiten mit Mäuse-Embryonen in einem Frühstadium ermöglicht, und im August 2021 720 im Zweizellstadium gefrorene Mäuseembryonen an Bord einer Rakete zur International Space Station (ISS) geschickt.

Der Astronaut Akihiko Hoshide, der sich zu der Zeit im Rahmen einer Langzeitmission an Bord der ISS aufhielt, taute die sich im Frühstadium befindenden Embryonen auf und züchtete sie vier Tage lang auf der ISS. 360 von ihnen wurden in einem Gerät im japanischen Labormodul Kibo (Deutsch: Hoffnung) kultiviert, das eine Schwerkraft erzeugt, die der der Erde entspricht. Die anderen 360 wurden im schwerelosen Umfeld des Weltalls gezüchtet.

Die Embryonen wurden dann in Formalin fixiert und zur Erde zurückgesendet, um dort mit Embryos aus einem ähnlichen Test auf der Erde verglichen zu werden.

Die Wissenschaftler stellten fest, dass von den auf der Erde gezüchteten Embryonen 61,2 % zu Blastozyten wurden, d.h. Zellen, aus denen sich der Fötus und die Plazenta entwickeln. Von den auf der ISS unter Mikrogravitationsbedingungen gezüchteten Embryonen wurden 23,6 % zu Blastozyten, während sich von den unter künstlich geschaffenen, und denen der Schwerkraft auf der Erde entsprechenden Bedingungen kultivierten Embryos 31,1 % zu Blastozyten entwickelten.

Gemäß der Aussage der Forscher hatte die Schwerkraft keinen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung von Säugetier-Embryonen. Ferner stellten sie nach der Analyse der in ihre Labore auf der Erde zurückgebrachten Blastozyten fest, dass es auch bei der DNA und den Genen keine bedeutenden Veränderungen im Zustand gegeben habe.

Es ist die erste Studie, die zeigt, dass sich Menschen im Weltall fortpflanzen könnten und das weltweit erste Experiment, bei dem Säugetier-Embryonen im Frühstadium unter der vollständigen Mikrogravitation der ISS gezüchtet wurden.

Laut Wakayama will man in Zukunft erforschen, ob diese Mäuse-Embryonen in weibliche Mäuse implantiert werden können und sich zu normalem Nachwuchs entwickeln.

Die Forschungsergebnisse wurden in der Online-Ausgabe vom 27.10.2023 der US-amerikanischen Fachzeitschrift „iScience“ veröffentlicht.

(Quellen: Japan Times, Jiji Press 29.10.2023, NHK 30.10.2023)

https://www.cell.com/iscience/fulltext/S2589-0042%2823%2902254-X


Erfolgreiche Landung von JAXAs Mondlandegerät SLIM

Die Mondlandefähre „Smart Lander for Investigating the Moon“ (SLIM) der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) (vgl. JSPS Rundschreiben 02/2023) ist am 20.04.2024 planmäßig auf dem Mond gelandet. Die Kommunikation mit dem Raumfahrzeug wurde nach der Landung hergestellt.

SLIM war am 07.09.2023 mit einer H-2A Rakete vom Weltraumzentrum Tanegashima in der Präfektur Kagoshima ins All gestartet. Mit an Bord war der von der NASA und JAXA gemeinsam entwickelte Satellit XRISM (X-Ray Imaging and Spectroscopy Mission). Etwa 14 Minuten nach dem Start löste sich der Satellit planmäßig von der Rakete. Bei SLIM geschah dies nach 47 Minuten.

Da sich das Raumfahrzeug bei der Landung nicht in der geplanten Fluglage befand und auf der Oberseite, statt auf der Seitenfläche zu liegen kam, zeigten die Solarzellen nach Westen statt wie geplant nach oben. Somit war keine Stromerzeugung aus den Solarzellen möglich, und das Raumschiff wurde auf Befehl vom Boden abgeschaltet.

Die Analyse der vor dem Stromabschalten erfassten Daten bestätigte, dass SLIM die Mondoberfläche ungefähr 55 Meter östlich des ursprünglichen Ziellandeplatzes erreicht hatte. Ferner zeigten die Daten, dass in einer Höhe von 50 Metern der Schub eines der beiden Haupttriebwerke ausfiel, was die Schubkraft um die Hälfte reduzierte. Die Bordsoftware erkannte die Anomalie, und während sie die horizontale Position so gut wie möglich kontrollierte, setzte SLIM den Sinkflug mit dem anderen Triebwerk fort und bewegte sich allmählich in östliche Richtung. Die geänderte Flugbahn machte ein Hindernisausweichmanöver erforderlich, das ebenfalls in einer Höhe von 50 Metern einsetzte.

Die Lagegenauigkeit, die die punktgenaue Landeleistung anzeigt, wurde vor Beginn des Ausweichmanövers mit etwa zehn Metern oder weniger, d.h. möglicherweise etwa 3-4 Metern, bewertet. Das Ziel der technologischen Demonstration einer punktgenauen Landung mit einer Genauigkeit von 100 Metern, die als Hauptaufgabe von SLIM erklärt worden war, wurde folglich erreicht.

Während des Landeanflugs hat sich SLIM erfolgreich von den kleinen Mondrovern Lunar Excursion Vehicle 1 und 2 (LEV-1 und LEV-2) getrennt. Ferner wurde die spektroskopische Multibandkamera (Multi-Band Spectral Camera (MBC)) an Bord von SLIM versuchsweise betrieben und nahm bis zum Abschalten des Stroms Bilder auf.

SLIM lieferte alle technologischen Daten zur Navigationsführung, die zu der Landung führten, sowie die Bilddaten der Navigationskamera, die während des Abstiegs und auf der Mondoberfläche aufgenommen wurden und für die zukünftige Technologie der Punktlandung benötigt werden.

Am 25.01.2024 veröffentlichte die JAXA gemeinsam mit der University of Aizu und der Ritsumeikan University von der Multibandkamera aufgenommene Bilder.

Am 28.01.2024 konnte die Kommunikation der Mondlandefähre mit der JAXA wiederhergestellt werden. SLIM begann mit wissenschaftlichen Beobachtungen der Mondoberfläche und wurde am 31.03.2024 erneut planmäßig abgeschaltet.

Mit Beginn des Mondtages (Dauer 14 Tage) konnte am 26.02.2024 die Verbindung nochmals aufgenommen werden, und die Raumfahrtagentur veröffentlichte von SLIM gemachte Fotos, auf denen die mit Felsen und anderen Dingen übersäte Mondoberfläche deutlich zu sehen ist.

Am 27.03.2024 nahm SLIM nach dem erfolgreichen Überstehen einer zweiten Mondnacht (Dauer 14 Tage) wieder den Betrieb auf. Auf dem Mond findet etwa alle 14 Tage ein Wechsel zwischen Tag und Nacht statt und in Mondnächten kann die Temperatur auf bis zu -170 ⁰C absinken. Die JAXA hatte in der Hoffnung, dass genügend Licht auf die Solarpaneele treffen könnte, in der Nacht mit den Aktionen zur Wiederaufnahme des Betriebs begonnen, und der Kontakt konnte erfolgreich hergestellt werden.

Danach ging SLIM wieder in einen Ruhezustand über.

Obwohl sie nicht dafür konzipiert war, hat die Mondlandefähre mittlerweile eine dritte Mondnacht überstanden, und am 23.04.2024 konnte die Kommunikation mit ihr wieder aufgenommen werden.

Laut JAXA traten bei einigen Geräten an Bord Probleme auf und es bestand die Sorge, dass diese nicht wieder aktiviert werden könnten. Ihren Angaben zufolge ist die Funktion der wichtigsten Geräte erhalten geblieben, sodass die Sonde Bilder von der Mondoberfläche aufnehmen und zur Erde übermitteln kann, was sie dann auch erneut gemacht hat.

Die Raumfahrtbehörde will untersuchen, wie Mond-Tage und -Nächte den Körper und die Geräte der Sonde beeinträchtigen können.

Die von SLIM gesammelten Daten werden nicht nur den wissenschaftlichen Kenntnisstand verbessern, sondern auch den Weg für ambitioniertere Projekte wie bemannte Mondmissionen und die Entwicklung von nachhaltigen Mondstützpunkten ebnen.

Japan ist das fünfte Land, dem eine Mondlandung geglückt ist.

(Quellen: Pressemitteilungen JAXA 07.09.2023, 25.01.2024, NHK 29.01.2024, News on Japan 27.02.2024, 29.03.2024, NHK 25.04.2024)

https://global.jaxa.jp/projects/sas/slim/

https://www.isas.jaxa.jp/en/missions/spacecraft/developing/slim.html


Ergebnisse des Lunar Excursion Vehicle 1

Die Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) bestätigte am 20.04.2024, dass der kleine Mondrover Lunar Excursion Vehicle 1 (LEV-1) erfolgreich Aktivitäten auf der Mondoberfläche ausgeführt hat.

Die Mondlandefähre „Smart Lander for Investigating the Moon“ (SLIM) hatte sich während ihres Landeanflugs zum Mond von LEV-1 getrennt (siehe vorherigen Artikel). Die Telemetriedaten, d.h. die Daten, die von Geräten rund um ihre Nutzung erfasst werden, wurden direkt von dem kleinen Roboter gesendet. Gemäß diesen Daten führte LEV-1 direkt nach der Ablösung von SLIM die geplanten Sprungbewegungen sowie die direkte Kommunikation mit den Bodenstationen aus und stellte den Funkkontakt zum Mondrover Lunar Excursion Vehicle 2 (LEV-2, Spitzname „SORA-Q“) her, der zeitgleich mit LEV-1 ausgesetzt worden war. Die Aufnahme von Bildern der Mondoberfläche konnte allerdings zunächst nicht bestätigt werden.

LEV-1 hat seine geplante Einsatzzeit auf der Mondoberfläche vorerst beendet, die vorgesehene Energie verbraucht und befindet sich in einem Standby-Modus auf der Mondoberfläche. Während die Fähigkeit der Wiederaufnahme der Aktivitäten von der Erzeugung von Sonnenenergie abhängt, die durch eine Änderung der Sonnenrichtung möglich würde, bemüht man sich weiterhin Signale von LEV-1 zu empfangen.

LEV-1 und LEV-2 sind die ersten japanischen Monderkundungsroboter. LEV-1 hat einschließlich einem 90 Gramm schweren Kommunikationsgerät ein Gewicht von 2,1 Kilogramm und konnte erfolgreich vom Mond aus die direkte Kommunikation mit der Erde herstellen. Laut JAXA handelt es sich um das weltweit kleinste und leichteste Kommunikationsgerät, dem jemals eine direkte Datenübertragung über eine Entfernung von rund 380.000 Kilometern gelungen ist. Darüber hinaus seien die Sprungbewegungen von LEV-1 auf der Mondoberfläche, die Kommunikation zwischen den beiden Robotern und der völlig autonome Betrieb eine bahnbrechende Leistung, die als wertvolle Technologiedemonstration für angehende Monderkundungen erachtet würde. Die Ergebnisse werden bei künftigen Missionen zum Einsatz kommen.

Ferner haben die von LEV-1 im Ultra High Frequency-Band (UHF-Band) übertragenen Funkwellen als Teil der Öffentlichkeitsarbeit die Teilnahme von Funkamateuren weltweit gefördert, und die JAXA hat Berichte über erfolgreiche Signalempfänge erhalten. Diese Initiative bot der Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich direkt an Mondforschungsmissionen zu beteiligen.

(Quelle: Pressemitteilung JAXA 25.01.2024)


Koichi Wakata verlässt JAXA

Die Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) hat bekannt gegeben, dass der japanische Astronaut Koichi Wakata am 31.03.2024 in den Ruhestand geht.

Wakata wurde 1992 von der National Space Development Agency of Japan (NASDA), der heutigen JAXA, als Astronaut ausgewählt und ist der japanische Astronaut mit den meisten Weltraummissionen. Er verbrachte bei fünf Aufenthalten insgesamt 504 Tage im All. Im Laufe seiner Karriere hat er an einer Vielzahl von Missionen teilgenommen.

Wakata war an der Konstruktion der International Space Station (ISS) und des japanischen Labormoduls Kibo (Deutsch: Hoffnung) beteiligt. Im Jahr 2009 war er der erste japanische Astronaut, der einen Langzeitaufenthalt auf der ISS absolvierte und 2014 der erste japanische ISS-Kommandant (vgl. JSPS Rundschreiben 02/2014). 2023 war er mit seiner über 31-jährigen Karriere einer der dienstältesten Astronauten der Welt.

Von Oktober 2022 bis März 2023 war Wakata zum fünften Mal im Weltraum und verbrachte im Rahmen eines Langzeitaufenthalts 155 Tage auf der ISS. In dieser Zeit unternahm er auch seinen ersten Weltraumspaziergang. Außerdem führte er im Modul Kibo u.a. Experimente zur Demonstration von Wasserrecyclingtechnologien für künftige bemannte Missionen zum Mars und zum Mond durch (vgl. JSPS Rundschreiben 03/2022).

(Quelle: NTV News 27.03.2024)


Entwicklung von Rakete mit Kuhdung als Treibstoff

Das japanische Start-up-Unternehmen Interstellar Technologies Inc. (IST) bereitet in der Stadt Taiki auf Hokkaido eine mit Kuhmist und Urin betriebene Rakete auf ihren Start vor. Taiki ist als „Stadt in der Nähe des Weltraums“ bekannt und die Rinderpopulation ist mit ca. 25.000 Tieren fünfmal größer als die der Menschen, die etwa 5.300 Personen beträgt.

Interstellar Technologies hat vor kurzem über das erste Experiment dieser Art, bei dem ein Raketentriebwerk vorgeführt wurde, das mit „verflüssigtem Biomethan“ Temperaturen von über 3.000 °C erreichte, öffentlich berichtet. Es wurde in Taiki durchgeführt.

Im Mai 2019 wurde die von dem Unternehmen entwickelte kleine Rakete Momo-3 zur ersten von einem Privatunternehmen in Japan entwickelten und gebauten Rakete, die eine Höhe von 100 Kilometern überschritt und den Weltraum erreichte (vgl. JSPS Rundschreiben 02/2019).

Derzeit entwickelt Interstellar eine neue Rakete mit Namen „Zero“, die kleine künstliche Satelliten in den Kosmos transportieren soll. Die Rakete ist 32 Meter lang und wiegt über 70 Tonnen. Bei ihr soll dann auch der neue Treibstoff zum Einsatz kommen.

Zero soll im Jahr 2024 oder später gestartet werden, und es sind weitere Experimente geplant.

(Quelle: News on Japan 29.12.2023)

https://www.istellartech.com/en_news/8532

https://www.istellartech.com/en/launch/zero