JSPS Rundschreiben aus Wissenschaft und Forschung | Nr. 02/2024 | Ausgabe 126
JSPS Rundschreiben, 02/2024, Nr. 126 (170 KB)
HOCHSCHULE
- 50 Jahre deutsch-japanische Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technologie
- Tohoku University erfüllt Standards zur Anerkennung als University of International Research Excellence
- University of Tokyo erwägt Erhöhung der Studiengebühren
- Studentenproteste gegen Studiengebührenerhöhungen
- Japanische Universitäten müssen sich auf harte Veränderungen einstellen
FORSCHUNG & WISSENSCHAFT
- Untersuchung des Erdbebens auf der Noto-Halbinsel an der Tohoku University
- Erfolgreicher Start der H3-Rakete Nr. 2
- Erfolgreicher Start der H3-Rakete Nr. 3 mit Satellit ALOS-4
- Mondlandung von zwei Japanern beschlossen
- Japans Supercomputer weltweit an Spitzenpositionen bei Rankings
- Japan richtet Vulkan-Forschungszentrum ein
50 Jahre deutsch-japanische Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technologie
Im Jahr 2024 feiern Japan und Deutschland 50 Jahre wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit. Beide Länder unterzeichneten im Oktober 1974 ein Abkommen über die Kooperation im Bereich Wissenschaft und Technologie und arbeiten seitdem fortwährend auf diesem Gebiet zusammen.
Japan und Deutschland sind Partner, die grundlegende Werte teilen, und die Kooperation in Wissenschaft und Technologie ist ein wichtiger Teil davon. Die gute Zusammenarbeit, die sich in den letzten 50 Jahren entwickelt hat, spiegelt sich in zahlreichen Aktivitäten, individuellen Abkommen sowie Netzwerken zwischen Forschungsinstituten, Universitäten und anderen involvierten Einrichtungen in beiden Ländern wider.
Die japanische Botschaft in Berlin bietet auf ihrer Homepage in japanischer Sprache einen Überblick über die diesjährigen Veranstaltungen im Zusammenhang mit Wissenschaft und Technologie in beiden Ländern an.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) präsentiert die Aktivitäten auf Deutsch und Englisch über sein Portal „Kooperation International“, das über internationale Forschung, Innovationen und Kooperation informiert sowie Förder-, Forschungs- und Bildungsorganisationen vernetzt.
(Quellen: Homepage der japanischen Botschaft, Portal Kooperation International)
Tohoku University erfüllt Standards zur Anerkennung als University of International Research Excellence
Das Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) hat am 14.06.2024 bekannt gegeben, dass die Tohoku University, die unter bestimmten Auflagen als Kandidatin für eine „University of International Research Excellence“ (UIRE) ausgewählt wurde, die Bedingungen erfüllt hat und nun die erste Universität ist, bei der der Anerkennungsprozess beginnt. Die UIRE werden über die Investitionsgewinne eines 10-Billionen-Yen-Fonds (62,23 Mrd. Euro) gefördert. Die Universität wird im Oktober den vorgeschriebenen Ausschuss für die Verwaltungsstrategie einrichten, und wenn das MEXT das Verfahren vorangetrieben und eine offizielle Anerkennung ausgesprochen hat, wird die Förderung im laufenden Fiskaljahr 2024 (Ende 31.03.2025) beginnen.
Als Reaktion auf Berichte über einen Rückgang der Forschungskapazitäten in Japan hat die Regierung den Fonds eingerichtet, um Universitäten, die Spitzenleistungen in der Forschung anstreben, als UIRE zu unterstützen. Die erste Bewerbungsphase lief bis Ende März 2023. Acht staatliche und zwei private Universitäten bewarben sich und reichten Pläne zur Stärkung ihrer Strukturen ein (vgl. JSPS Rundschreiben 02/2023). Ein aus Experten und Geschäftsleuten bestehendes zehnköpfiges Gremium namens „Advisory Board“ prüfte die Bewerbungen und wählte Ende August 2023 die Tohoku University unter bestimmten Bedingungen als Kandidatin aus (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2024).
Der Advisory Board forderte als Voraussetzungen zur Anerkennung als UIRE die genaue Prüfung und Klärung von sechs Punkten. Diese sind:
- „Wege zur Verbesserung der Forschungskapazität der gesamten Universität, einschließlich der Geistes- und Sozialwissenschaften“,
- „Internationalisierung in allen Bereichen“,
- „Einrichtung eines neuen, dynamischen Forschungssystems“,
- „Reformen der Graduate Schools und einer Forschungsuniversität angemessene Fakultätsreformen“,
- „Verbesserung der Finanzstrategien und Maßnahmen zur Steigerung der Einnahmen durch Zusammenarbeit von Industrie und Universitäten“,
- „Einrichtung eines Governance-Systems, das die kontinuierliche Umsetzung der Pläne zur Verbesserung der Struktur gewährleistet“.
Als Reaktion darauf hat die Tohoku University sich mit allen sechs Punkten befasst und ihren Plan zur Stärkung der Struktur überarbeitet. Die bearbeiteten Punkte sehen wie folgt aus:
- Verbesserung der Forschungskapazitäten durch den Aufbau von Strukturen sowie die Ausbildung und Unterstützung von Forschern; Stärkung der Katastrophenforschung und anderer spezifischer Bereiche; Wertschaffung beim transdisziplinären Wissen unter Berücksichtigung der Geistes- und Sozialwissenschaften; Stärkung der Forschungskapazitäten des Lehrkörpers der klinischen Fakultät,
- Gewinnung herausragender Forscher und exzellenter internationaler Studierender; Kokreationen von Industrie und Universität in Schwerpunktbereichen basierend auf der Analyse internationaler Trends; Auswahl eines Verantwortlichen für die umfassende Internationalisierung; Japanisch und Englisch zu hundert Prozent zu offiziellen Amtssprachen machen,
- Personalentwicklung für herausragende Forscher; Einrichtung einer Abteilung für Personalmanagement,
- Einrichtung einer Organisation zur zentralen Verwaltung von Postgraduiertenstudiengängen und einer Organisation zur Bereitstellung einer Grundausbildung, die die internationale Kompetenz fördert,
- Zusammenarbeit zwischen Industrie und Universität zur Beschleunigung der Bildung von Unternehmensclustern; Gründung von Start-up-Unternehmen in der gesamten Stadt Sendai; Stärkung der finanziellen Basis durch Erweiterung der universitären Funktionen und Akquisition von finanziellen Mitteln; Einsetzung eines Zuständigen für die Betriebsfinanzierung der Universität,
- Über die Hälfte der Mitglieder des Rats für Grundsatzfragen sollen außeruniversitäre Personen sein; die Mitglieder verfügen über unterschiedliche Fachkenntnisse.
Der Advisory Board führte im Februar und Mai dieses Jahres eine Anhörung an der Tohoku University durch. Nach Beratungen kam das Gremium zu dem Schluss, dass alle Bedingungen sorgfältig geprüft und realisiert wurden und dass die Standards für die Anerkennung als UIRE sowie für die Genehmigung des Plans zur Stärkung des Systems erfüllt wurden und gab dies am 14.06.2024 öffentlich bekannt. Im ersten Jahr, d.h. im laufenden Fiskaljahr, wird sich die Förderung auf etwa 10 Milliarden Yen (62,16 Mio. Euro) belaufen. Die Förderdauer soll 25 Jahre betragen und ist in drei Zeiträume unterteilt, wobei am Ende der ersten zehnjährigen und der zweiten achtjährigen Laufzeit eine Evaluierung vorgenommen wird, bei der über die Fortführung der Unterstützung entschieden wird.
Der Fond wurde im März 2022 von der Japan Science and Technology Agency (JST) eingerichtet. Nachdem die Tohoku University vom MEXT offiziell als UIRE anerkannt werden wird, soll im laufenden Fiskaljahr die zweite Bewerbungsrunde beginnen.
(Quellen: Science Portal 17.06.2024, 18.07.2024)
https://www.tohoku.ac.jp/japanese/newimg/newsimg/news 20240614_koho_01_en.pdf
University of Tokyo erwägt Erhöhung der Studiengebühren
Berichten zufolge überlegt die University of Tokyo (Todai) eine Erhöhung ihrer Studiengebühren um bis zu 100.000 Yen (616 Euro) pro Jahr.
Die jährlichen Studiengebühren der Todai betragen derzeit 535.800 Yen (3.298 Euro) und entsprechen der vom Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) festgelegten Standardsumme. Laut Ministeriumsregeln können staatliche Universitäten ihre Gebühren nach eigenem Ermessen um bis zu 20 % erhöhen.
Sollte die Todai die bisherige Standardsumme um diesen Prozentsatz verteuern, dann würden die Studiengebühren auf 642.960 Yen (3.958 Euro) ansteigen, was in etwa einer Summe von 100.000 Yen entspricht.
Der Trend der Erhöhung der Studiengebühren von der Standardsumme begann im Jahr 2019, als das Tokyo Institute of Technology (Tokyo Tech) als erste Universität diese Erhöhung umsetzte. Andere Einrichtungen wie die Tokyo University of the Arts und die Hitotsubashi University folgten dieser Praxis und erhöhten ebenfalls ihre Gebühren.
(Quelle: TBS 16.05.2024)
Studentenproteste gegen Studiengebührenerhöhungen
Als Reaktion auf die mögliche Erhöhung von Studiengebühren an mehreren nationalen Universitäten, darunter an der University of Tokyo (Todai) (siehe vorherigen Artikel) haben Studierende Proteste organisiert und der Regierung eine Petition vorgelegt, in der sie ihren entschiedenen Widerstand zum Ausdruck bringen.
Die Studenten hielten eine Pressekonferenz im Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) ab und warnten, dass eine Erhöhung der Studiengebühren an der Todai bei anderen Universitäten einen Nachahmungseffekt auslösen könnte.
Studierende der Todai erklärten, dass sie als die Einzigen, die derzeit ihre Stimme erheben könnten, das Problem der Studiengebührenerhöhung mit Blick auf die künftigen Studenten ernsthaft angehen müssten. Sie seien entschieden gegen Studiengebührenerhöhungen, die die Berufswahl der Studenten in unfairer Weise verzerren.
Eine auf dem Campus durchgeführte Umfrage ergab, dass über 90 % der Befragten gegen die Erhöhung der Studiengebühren waren.
Außerdem fand im Bürogebäude des Repräsentantenhauses eine Versammlung von Studenten und Dozenten staatlicher Universitäten statt, bei der sie der Regierung eine Petition mit der Forderung nach einer Erhöhung der Betriebskostenzuschüsse überreichten.
Der Präsident der Todai, Teruo Fujii, plant eine Diskussion mit den Studenten, bei der man sich die Meinungen innerhalb und außerhalb der Universität anhören möchte und die Situation sorgfältig prüfen will.
(Quelle: ANN 15.06.2024)
Japanische Universitäten müssen sich auf harte Veränderungen einstellen
Die japanischen Universitäten durchleben schwere Zeiten. Die demografische Entwicklung lässt die Zahl der Studenten sinken, die staatlichen Zuschüsse schrumpfen, während die Preise steigen, die Infrastruktur veraltet und die Frage nach dem Wert der von vielen dieser Einrichtungen angebotenen Ausbildung wird immer lauter.
Beim „Times Higher Education World University Rankings 2024“ der englischen Fachzeitschrift „Times Higher Education“ (THE) hat die University of Tokyo es mit dem 29. Rang als einzige japanische Einrichtung unter die Top 50 geschafft (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2024). Vier weitere japanische Universitäten belegen Plätze unter den Top 200.
Das unmittelbare Problem ist die sinkende Studierendenzahl. Die Regierung rechnet mit einem Rückgang der Zahl der Studienanfänger um fast 130.000 gegenüber dem heutigen Stand innerhalb von drei Jahrzehnten. Bis zum Jahr 2050 werden nur noch etwa 520.000 bis 530.000 Studenten pro Jahr ein Studium aufnehmen; dies sind etwa 100.000 weniger als die Gesamtzahl der verfügbaren Studienplätze im Jahr 2022.
Einige Auswirkungen sind bereits sichtbar. Die Zahl der Promovierenden ist in den letzten zehn Jahren um 20 % zurückgegangen. Diejenigen, die sich für eine Promotion entscheiden, kommen in Universitäten mit veralteten Einrichtungen und Lehrplänen sowie einem alternden Lehrkörper. Die Modernisierung wird teuer werden, aber die Unterstützung der Regierung schrumpft, da bei den Budgets andere Prioritäten gesetzt werden. Als Reaktion darauf erwägen einige Universitäten eine Erhöhung der Studiengebühren, darunter die University of Tokyo (siehe vorherige Artikel).
Die staatlichen Universitäten legen ihre Studiengebühren selbst fest, sie müssen jedoch unter dem 1,2-fachen der Standardsumme des Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) in Höhe von 535.800 Yen (3.298 Euro) liegen und dürfen daher maximal 642.960 Yen (3.958 Euro) betragen. Bis zum Fiskaljahr 2018 verlangten alle 86 staatlichen Universitäten die gleichen Studiengebühren für grundständige Studiengänge, aber seitdem haben sieben von ihnen zur Deckung der steigenden Kosten und aufgrund der Notwendigkeit zur Aktualisierung des Angebots die Gebühren erhöht.
Die Erhöhung der Studiengebühren bringt aber auch Herausforderungen mit. Die Japan Student Services Organization (JASSO) schätzt, dass mindestens 35 % der Studierenden, die noch keinen Abschluss haben, Stipendien erhalten. Bei steigenden Kosten werden sich immer mehr Japaner das Studium an einer Eliteuniversität nicht mehr leisten können. Studiengebührenerhöhungen müssen daher von einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz zur Ausweitung von Stipendien und finanzieller Hilfe für Studenten begleitet werden.
Eine andere Option wäre die Erhöhung der Zahl ausländischer Studierender, von denen viele sogar noch höhere Studiengebühren zahlen können. Ihre Zahl ist während der Corona-Pandemie in großem Ausmaß zurückgegangen, hat sich danach aber wieder erholt. Die JASSO schätzt, dass im vergangenen Jahr knapp 185.000 Studenten aus dem Ausland an Hochschulen in Japan eingeschrieben waren, eine Zahl, die zwar immer noch unter dem Niveau von vor der Pandemie liegt, sich aber verbessert.
Dennoch sind internationale Vergleiche nach wie vor alarmierend. Nur 5 % der Hochschulstudenten in Japan sind internationale Studierende, verglichen mit 20 % im Vereinigten Königreich und 30 % in Australien. Die japanische Regierung möchte diese Zahl bis 2033 auf 30 % erhöhen.
In Japan sind die Studiengebühren im Vergleich zu anderen Ländern niedrig und werden sogar noch günstiger, da der Wert des Yen weiter sinkt. Das hat das MEXT dazu ermutigt, den Universitäten ab März 2024 eine Erhöhung der Gebühren für internationale Studenten zu erlauben. Bisher waren diese für alle gleich hoch. Da ausländische Studierende oft sprachliche Unterstützung benötigen und bessere Einrichtungen erwarten als japanische Studenten, werden diese Gebühren schnell ausgegeben werden.
Geringfügige oder sogar erhebliche Erhöhungen der Studiengebühren für internationale Studierende allein werden die Finanzierungslücke angesichts der drängenden Probleme und der Tatsache, dass die Universitäten notwendige Investitionen seit einiger Zeit aufgeschoben haben, nicht schließen.
Eine für die japanische Hochschulbildung erforderliche Reform ist die Festlegung angemessener Standards. Mit schrumpfenden Studentenzahlen werden sich Universitäten zusammenschließen, ein Prozess, der bereits im Gange ist. Vor zwei Jahren kündigten das Tokyo Institute of Technology (Tokyo Tech) und die Tokyo Medical and Dental University (TMDU) ihren Zusammenschluss zum Institute of Science Tokyo an, das zu einem der führenden Forschungsinstitute in Japan werden soll (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2023). Durch diesen Zusammenschluss entsteht nicht nur eine Universität von Weltrang mit einer stärkeren internationalen Studierendenschaft, sondern sie wird auch besser in der Lage sein, sich um staatliche Mittel zu bewerben.
Ferner müssen zur besseren Vorbereitung der Studenten auf die Bewältigung neuer gesellschaftlicher Fragen und Probleme die Lehrpläne weiterentwickelt werden. So wird die University of Tokyo Berichten zufolge demnächst einen fünfjährigen integrierten Bachelor- und Masterstudiengang in den Geistes- und Naturwissenschaften einführen. Das interdisziplinäre Programm wird ein anderes akademisches Jahr haben, in englischer Sprache unterrichtet werden und entweder ein Studienjahr im Ausland oder eine Arbeit in einem Unternehmen erfordern.
(Quelle: Japan Times 28.06.2024)
Untersuchung des Erdbebens auf der Noto-Halbinsel an der Tohoku University
Beim Erdbeben auf der Noto-Halbinsel am 01.01.2024 wurden in einem weiten Gebiet von Hokkaido bis Kyushu Tsunamis unterschiedlicher Größe beobachtet, vor allem in den Küstengebieten in der Nähe des Epizentrums. Ferner deckte man das nach dem Erdbeben zunächst nicht bekannte, enorme Ausmaß der Tsunamischäden über Feldstudien und Analysen von Wissenschaftlern auf.
Ihr sehr schnelles Eintreffen an der Küstenregion ist eine Besonderheit von Tsunamis. Eine Analyse des International Research Institute of Disaster Science (IRIDeS) der Tohoku-University hat ergeben, dass auch dieses Mal ein Tsunami die Stadt Suzu in der Präfektur Ishikawa in schätzungsweise einer Minute erreichte.
Kurz nach dem Erdbeben gab die Japan Meteorological Agency (JMA) die erste große Tsunami-Warnung seit der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe im Jahr 2011 für die Region Noto heraus sowie Tsunami-Warnungen für die Präfekturen Yamagata und Hyogo und rief zur Vorsicht vor Tsunamis u.a. in den Präfekturen Hokkaido und Saga auf. Ferner war dies die erste große Tsunami-Warnung seit der Einführung des derzeitigen speziellen Warnsystems mit Einteilung in Warnstufen.
Professor Shunichi Koshimura vom IRIDeS bildete einen „Feldforschungs-Voraustrupp“ mit Wissenschaftlern seines Instituts, der Kanazawa University, des Japan Advanced Institute of Science and Technology (JAIST) sowie des Kanazawa Institute of Technology (KIT) und begab sich am 04.01.2024 in die Stadt Suzu. Das Team bestätigte, dass dort die Auflaufhöhe (Höhe über dem Land) des Tsunamis drei Meter überstiegen hatte und die Gebäude im Küstenbereich um mehr als 2,5 Meter überflutet wurden.
Koshimura und seine Kollegen führten eine Simulationsanalyse der Tsunamiausbreitung durch. Es zeigte sich, dass der Tsunami, der um die Spitze der Noto-Halbinsel herumkam, die Stadt Suzu erreichte und dort erhebliche Schäden verursachte. Man vermutet, dass er vor seinem Eintreffen durch den „Iida-Meeresausläufer“ beeinflusst wurde und sich daher ausdehnte. Bei diesem Ausläufer handelt es sich um ein Plateau auf dem Meeresboden in einer Wassertiefe von unter 300 Metern, das sich vom nordöstlichen Teil der Noto-Halbinsel aus nach Osten erstreckt. D.h. die spezielle Topografie des Meeresbodens von der Noto-Halbinsel bis zur Toyama-Bucht hat die Ausbreitung des Tsunamis diesmal erschwert.
Professor Fumihiko Imamura vom IRIDeS und seine Kollegen führten eine Simulationsanalyse auf der Basis von Daten der weit über 100 km langen Verwerfung durch, von der man annimmt, dass sie sich diesmal bewegt hat. Es wurde deutlich, dass der Tsunami die Küsten der Städte Suzu und Wajima offenbar ca. eine Minute nach dem Erdbeben erreicht hat. In der Stadt Nanao in der Präfektur Ishikawa dürfte er nach etwa zwei Minuten und in der Stadt Toyama nach ca. fünf Minuten eingetroffen sein. Ferner zeigte sich, dass ein Tsunami in der Nähe einer submarinen Verwerfung an der Ostseite der Noto-Halbinsel entstand und sich in zwei Richtungen ausbreitete, d.h. in Richtung der Stadt Suzu sowie der Stadt Joetsu in der Präfektur Niigata.
Eine Besonderheit des diesmaligen Tsunamis war das schnelle Eintreffen der ersten Welle, was daran lag, dass sich die Verwerfung, die sich diesmal bewegte, an der Küste befand. Man geht davon aus, dass außerhalb des Beobachtungspunktes im Hafen von Wajima, wo die Höhe des Tsunamis auf über 1,2 Meter geschätzt wurde, höhere Tsunamis auftraten, und Feldstudien haben tatsächlich eine Auflaufhöhe von über drei Metern bestätigt.
Nach Angaben von Prof. Imamura erreichte etwa zwei Stunden nach dem Erdbeben ein ca. 20 cm hoher Tsunami die russische Seite des Kontinents sowie die koreanische Halbinsel und kehrte innerhalb der nächsten zwei Stunden an die Küste des Japanischen Meeres zurück. Die Höhe des Tsunamis nahm zwar allmählich ab, er dauerte aber mehr als 24 Stunden an. Wegen dieses Phänomens wurden auch lange Zeit noch Tsunami-Warnungen herausgegeben.
Bezüglich des schnellen Eintreffens des Tsunamis in der Stadt Toyama weist Prof. Imamura auf die große Wassertiefe der Toyama-Bucht, ihre steile Topografie des Meeresbodens und die vielen submarinen Täler hin sowie darauf, dass ein Erdrutsch am Meeresboden unabhängig von dem großen Erdbeben einen neuen Tsunami verursacht haben könnte.
Imamura warnte, dass bei Erdbeben im Japanischen Meer Tsunamis wie im vorliegenden Fall bisher selten aufgetreten wären, man aber davon ausgehen sollte, dass sie sich auch in Zukunft ereignen werden. Er wies auch darauf hin, dass eine Analyse der Topografie sowie der Topografie des Meeresbodens notwendig wären und man von Tsunamis aufgrund von submarinen Erdrutschen ausgehen müsse. Ferner betonte er, dass die Lehren aus den durch den Tsunami verursachten Schäden und die Analyseergebnisse für die zukünftige Tsunami-Prävention genutzt werden müssen.
Wenn jedoch, wie im vorliegenden Fall, die Tsunamis nach sehr kurzer Zeit eintreffen, sind Evakuierungsmaßnahmen schwierig, und die Wissenschaftler haben eine Überprüfung der Evakuierungsmethoden für sehr schnell eintreffende Tsunamis gefordert. Professor Imamura hat als dringende konkrete Maßnahmen u.a. die Errichtung von Notfallevakuierungstürmen und Evakuierungsgebäuden in Küstengebieten sowie die Verlegung wichtiger Einrichtungen in höher gelegene Gebiete genannt.
(Quelle: Science Portal 16.01.2024)
Erfolgreicher Start der H3-Rakete Nr. 2
Die Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) hat am 17.02.2024 erfolgreich ihre H3-Rakete Nr. 2 mit einer Satellitenattrappe und zwei Mikrosatelliten an Bord vom Weltraumbahnhof Tanegashima Space Center in der Präfektur Kagoshima ins All gestartet.
Nach etwa fünf Minuten wurden die erste und zweite Stufe getrennt. Die Rakete flog wie geplant, und die zweite Stufe wurde in die vorbestimmte Erdumlaufbahn geschossen.
Ca. 16 Minuten und 43 Sekunden nach dem Start wurde die Trennung des Mikrosatelliten CE-SAT-1E (Canon Electric Satellite 1E) bestätigt. Es handelt sich dabei um einen von der Canon Electronics Inc. entwickelten Erdbeobachtungssatelliten.
Danach wurde der von der Japan Space Systems, der Seiren Co., Ltd. sowie verschiedener anderer Organisationen und Universitäten entwickelte Mikrosatellit Three-Unit CubeSat TIRSAT ebenfalls von der H3-Rakete separiert und in seine Umlaufbahn gebracht.
Die H3-Rakete ist die Nachfolgerin der seit 2001 in Betrieb befindlichen H-2A Rakete, sowie der H-2B Rakete, die im August 2020 ihren letzten Einsatz hatte (vgl. JSPS Rundschreiben 03/2020). Sie ist eine zweistufige Rakete mit Flüssigkeitsraketentriebwerk. Die Gesamtlänge ihrer Version Nr. 1 und Nr. 2 beträgt 57 Meter und ohne Satelliten wiegt sie 422 Tonnen. Ihre maximale Kapazität beträgt über 6,5 Tonnen und damit mehr als die sechs Tonnen der H-2B Rakete. Die H3-Rakete wurde von der JAXA gemeinsam mit dem Unternehmen Mitsubishi Heavy Industries (MHI) entwickelt. Die bisherigen Entwicklungskosten betragen 219,7 Milliarden Yen (1,35 Mrd. Euro).
Ihre Effizienz wurde durch die Entwicklung eines neuen einstufigen Triebwerks und die Verwendung vieler in Autos und anderen Fahrzeugen genutzter Teile anstelle von weltraumspezifischen Komponenten verbessert. Ziel ist es, die für das Basismodell der H-2A Rakete anfallenden Startkosten in Höhe von etwa 10 Milliarden Yen (61,6 Mio. Euro) zu halbieren.
Die Nr. 1 und Nr. 2 der H-3 Rakete wurden von der JAXA als Testversionen gestartet, aber zukünftig soll der Start genau wie bei der H-2A Rakete von Mitsubishi Heavy Industries (MHI) durchgeführt werden, womit der Eintritt in den kommerziellen Markt für Raketenstarts erfolgt.
Zwei Starts der H3-Rakete Nr. 1 waren im letzten Jahr missglückt (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2023). An Bord der Rakete befand sich der Erdbeobachtungssatellit „Advanced Land Observing Satellite-3“ (ALOS-3), der nach dem Start in „DAICHI-3“ umbenannt wurde.
Um zu vermeiden, dass im Falle eines Fehlstarts erneut ein großer Satellit verloren geht, wurde diesmal stattdessen eine Metallattrappe namens Vehicle Evaluation Payload 4 (VEP-4) an Bord genommen, die die Anwesenheit eines Raumfahrzeugs an Bord der Rakete simuliert. Sie wurde mit der gleichen Masse wie ALOS-3 gebaut, d.h. etwa 3.000 Kilogramm. VEP-4 folgt auf drei frühere VEPs und zwar an Bord des ersten H-2-Starts im Jahr 1994 sowie des ersten und zweiten H-2A-Starts in den Jahren 2001 und 2002. Sie waren mit Instrumenten zur Sammlung von Daten über die Leistung und den Betrieb ihrer Trägerraketen ausgestattet.
Ferner wurde beschlossen, die Transportkapazitäten der H3 zu nutzen, soweit dies den Testflug nicht beeinträchtigt, und die beiden Mikrosatelliten durften kostenlos unter der Bedingung mitfliegen, dass es keine Entschädigung im Falle eines Ausfalls geben würde. Sie wurden auf beiden Seiten von VEP-4 befestigt.
(Quellen: NASASpaceFlight.com 16.02.2024, Pressemitteilung JAXA 17.02.2024, Science Portal 19.02.2024)
https://global.jaxa.jp/projects/rockets/h3/
https://en.canon-elec.co.jp/news/successful-launch-and-communication-establishment-of-ce-sat-ie/
Erfolgreicher Start der H3-Rakete Nr. 3 mit Satellit ALOS-4
Die Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) hat am 01.07.2024 um 12:06 Uhr Ortszeit erfolgreich ihre H3-Rakete Nr. 3 mit dem Erdbeobachtungssatelliten „Advanced Land Observing Satellite-4“ (ALOS-4) an Bord vom Weltraumbahnhof Tanegashima Space Center in der Präfektur Kagoshima ins All gestartet. Nach dem Start der H3 Nr. 2 im Februar dieses Jahres (siehe vorherigen Artikel) war dies der zweite gelungene Abschuss der H3.
Etwa fünf Minuten später wurden die erste und zweite Stufe getrennt. Nach erfolgreicher Zündung des Triebwerks der zweiten Stufe für etwa elf Minuten wurde ALOS-4, der nach dem Start in „DAICHI-4“ umbenannt wurde, ca. 17 Minuten nach dem Start in die geplante Umlaufbahn gebracht. Die JAXA hat damit zum ersten Mal seit dem Fehlstart im letzten Jahr, bei dem Daichi-3 zerstört wurde (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2023), eine H3-Rakete mit einem kommerziellen Satelliten an Bord ins All transportiert.
Zur Verringerung der Belastung für den Satelliten an Bord wurde bei der H3 erstmalig eine Drosselung vorgenommen, bei der die Beschleunigung durch vorübergehende Verminderung des Schubs des einstufigen Triebwerks reduziert wurde.
Daichi-4 ist der Nachfolger des seit 2014 in Betrieb befindlichen Satelliten Daichi-2 und wurde von der JAXA gemeinsam mit der Mitsubishi Electric Corporation entwickelt. Mit ausgefahrenen Solarpaneelen ist er etwa 20 Meter breit und wiegt inklusive Treibstoff ca. 2,8 Tonnen. In einer Höhe von 628 Kilometern umkreist er die Erde in etwa in Nord-Süd-Richtung und umrundet sie in 97 Minuten. Seine geplante Lebensdauer beträgt sieben Jahre und die Entwicklungskosten belaufen sich einschließlich Bodensystemen auf etwa 32 Milliarden Yen (197,2 Mio. Euro). Der Satellit nutzt Radartechnologie und soll für die Beobachtung von durch Katastrophen verursachte Schäden sowie die schnelle Entdeckung von ungewöhnlichen Veränderungen aufgrund vulkanischer Aktivitäten eingesetzt werden.
Der bei dem Fehlstart im letzten Jahr zerstörte Daichi-3 war ein optischer Satellit. Die japanische Regierung hat keinen Ersatz entwickelt, sondern stattdessen ein Beobachtungssystem durch die Zusammenschaltung von hauptsächlich aus dem privaten Sektor stammenden kleinen optischen Satelliten und LIDAR-Satelliten (Lidar = Light Detection and Ranging), die mit Laserstrahlen dreidimensionale Beobachtungen durchführen, aufgebaut.
Im Fiskaljahr 2025 soll die H3 die H-2A Rakete, deren fünfzigster und letzter Einsatz für das Fiskaljahr 2024 geplant ist, komplett ersetzen. Die JAXA plant den Start von sechs H3-Raketen pro Jahr.
Gemäß dem Arbeitsplan des „Basic Plan on Space Policy“ der Regierung soll die H3 in diesem Fiskaljahr noch einen Kommunikationssatelliten zu Verteidigungszwecken und einen Quasi-Zenit-Satelliten ins All bringen, während die H2A einen Aufklärungssatelliten und einen Satelliten zur Beobachtung von Treibhausgasen sowie des Wasserkreislaufs transportieren soll.
(Quellen: NHK, nippon.com 01.07.2024, Science Portal 02.07.2024)
Mondlandung von zwei Japanern beschlossen
Die US-amerikanische und die japanische Regierung haben offiziell eine Mondlandung von zwei Japanern im Rahmen des von den USA geleiteten, internationalen Monderkundungsprogramms „Artemis“ beschlossen.
Mit den beiden Japanern würden erstmals Personen auf dem Mond landen, die nicht die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzen. Das Projekt ist nicht nur ein historischer Meilenstein für die japanische Wissenschaft und Technologie, sondern auch mit großer Verantwortung verbunden, da es im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Betrieb eines Rovers steht, der den Weg für die künftige Erschließung der Mondoberfläche ebnen wird.
Premierminister Fumio Kishida und US-Präsident Joe Biden haben bei einem japanisch-amerikanischen Gipfeltreffen im Rahmen von Kishidas Staatsbesuchs vom 09. bis 12.04.2024 in den USA eine gemeinsame Erklärung verfasst, die u.a. die Landung von Japanern auf dem Mond vorsieht und das gemeinsame Ziel, dass die ersten Nicht-Amerikaner auf dem Mond Japaner sein sollen, publik gemacht. Der japanische Bildungsminister Masahito Moriyama, der Kishida bei seinem Besuch begleitete, unterzeichnete am 10.04.2024 gemeinsam mit dem NASA-Administrator Bill Nelson ein Dokument über die Durchführung einer bemannten Raummission.
Ziel des Artemis-Programms ist die erste bemannte Mondlandung seit Apollo 17 im Jahr 1972. Der Bau einer Basis über dem Mond mit Namen „Lunar Orbital Platform-Gateway (LOP-G)“ wird vorangetrieben, es werden Experimente sowie Beobachtungen durchgeführt und auch im Hinblick auf künftige Marsmissionen technologische Untersuchungen vorgenommen. Japan hat seine Beteiligung im Jahr 2019 beschlossen. Darüber hinaus nehmen europäische Partner und Kanada an dem Programm teil. Durch die Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung vom Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) und der NASA im Jahr 2020 sowie ein amerikanisch-japanisches Gipfeltreffen im Jahr 2022 erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit einer Mondlandung von Japanern.
Die erste bemannte Mondlandung im Rahmen des Plans trägt den Namen „Artemis 3“ und ist von der NASA für September 2026 geplant. Danach will man weitere Landungen durchführen. Im Vorfeld soll die als „Artemis 2“ bezeichnete erste bemannte Mondumrundung im September 2025 durchgeführt werden. Wann Japaner bei einer Mondlandung dabei sein werden, steht noch nicht fest, aber geplant ist diese für eine Person im Jahr 2028 und eine weitere für 2032.
Für das Artemis-Programm stellt Japan den Mondrover „Lunar Cruiser“ bereit. Während sich der druckbelüftete Rover auf der Mondoberfläche fortbewegt und Untersuchungen durchführt, können sich zwei Astronauten darin bis zu 30 Tage lang aufhalten. Seit 2019 betreibt die Toyota Motor Cooperation mit der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) gemeinsame Forschung zu dem Rover und strebt einen Start ins All für 2031 an. Das Unternehmen Mitsubishi Heavy Industries (MHI), das u.a. über Erfahrungen mit dem Bau des japanischen Labormoduls Kibo (=Hoffnung) verfügt, das sich auf der Internationalen Raumstation (ISS) befindet, ist an der Entwicklung beteiligt.
Japans Beitrag zur „Gateway“-Basis auf dem Mond besteht in:
- der Bereitstellung von Umweltkontroll- und Lebenserhaltungssystemen, thermischen Kontrollfunktionen und Kameras für das Wohnmodul,
- der Lieferung von Batterien, u.a. für das Wohnmodul und
- der Betreibung von Versorgungsflügen.
(Quelle: Science Portal 12.04.2024)
https://www.mext.go.jp/a_menu/kaihatu/space/jigyou/detail/1347482_00017.html
Japans Supercomputer weltweit an Spitzenpositionen bei Rankings
Der vom Institute of Physical and Chemical Research (RIKEN) und dem Unternehmen Fujitsu Ltd., einem der größten Elektronikhersteller Japans, entwickelte japanische Supercomputer „Fugaku“ verteidigte bei dem Ranking „TOP500“ den vierten Platz.
Den ersten Platz erzielte zum fünften Mal in Folge der US-amerikanische Supercomputer „Frontier“, der beim Ranking im Mai 2022 erstmalig die „Exascale-Leistungsklasse“ erreichte, d.h. er führt eine Trillion Berechnungen pro Sekunde aus. Er steht am Oak Ridge National Laboratory (ORNL) in den USA.
Bei TOP500 wird zweimal im Jahr mit Leistungsbewertungsprogrammen die Verarbeitungsgeschwindigkeit von Computern erfasst. Die Ergebnisse wurden bei einer internationalen Konferenz in Hamburg am 13.05.2024 bekannt gegeben.
Der vom U.S. Department of Energy u.a. gemeinsam mit dem Unternehmen Cray Inc. entwickelte Frontier kommt auf eine Leistung von 1,206 Exa-flops pro Sekunde. Bei den Plätzen zwei und drei hat es keine Änderungen gegeben. Der zweitplatzierte Computer Aurora hat seine Leistung deutlich von 585,34 Petaflops auf 1,012 Exaflops pro Sekunde gesteigert und ist damit offiziell der zweite Supercomputer der Exa-Klasse. Fugaku bleibt mit 442,01 Petaflops in der Sekunde an vierter Stelle.
Unter den japanischen Spitzen-Supercomputern liegt der „TSUBAME4.0“ des Tokyo Institute of Technology, der im April 2024 seinen Betrieb aufgenommen hat, auf Platz 31. Obwohl sich China nie für die TOP500 beworben hat, ist bekannt, dass das Land bereits zahlreiche Exascale-Supercomputer entwickelt hat.
Nachdem Japan mit dem K-Computer, dem Vorgänger von Fugaku, im Jahr 2011 mehrere Titel in Folge erzielte, wurde das Land von China und den USA überholt. Im Juni 2020 konnte Japan dann mit Fugaku erstmalig nach achteinhalb Jahren wieder die Spitzenposition bei TOP500 erreichen und hielt diese bis November 2021 viermal in Folge (vgl. JSPS Rundschreiben 02/2022).
Bei dem zeitgleich mit TOP500 veröffentlichten Ranking „High Performance Conjugate Gradients“ (HPCG), bei dem für den Einsatz in der Industrie geeignete Rechenleistungen bewertet werden, sowie bei „Graph 500“, einem Ranking zur Bemessung von Leistungen bei der Diagrammanalyse, verteidigte Fugaku zum neunten Mal in Folge seinen ersten Platz. Ferner erzielte er den vierten Platz bei „HPL-MxP“ (früher: „HPL-AI“), einem Index für im Bereich des Deep Learning genutzte Berechnungen.
Fugaku steht im RIKEN Center for Computational Science (R-CCS) in Kobe auf dem Gelände, wo früher der K-Computer stand. Nachdem im April 2020 der Probebetrieb aufgenommen worden war, startete der vollständige Betrieb im März 2021 (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2021). Er wird in Bereichen wie Biowissenschaften, Katastrophenschutz, Energie, Fertigung, Grundlagenforschung und Sozioökonomie eingesetzt. So wird er z.B. für Simulationen zur Ausbreitung von Tröpfchen aus dem Mund genutzt (vgl. JSPS Rundschreiben 01/2022) sowie zur Vorhersage von linearen Niederschlagszonen, die Starkregen verursachen.
Das RIKEN wurde vom Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) mit der Entwicklung eines Nachfolgemodells von Fugaku beauftragt, und dort befasst man sich seit August 2022 mit der Erforschung der erforderlichen Leistungen und Funktionen.
Am 10.05.2024 gab eine Forschergruppe des Tokyo Institute of Technology (Tokyo Tech), der Tohoku University, des RIKEN, von Fujitsu und anderen Einrichtungen bekannt, dass sie mit Fugaku ein groß angelegtes Sprachmodell (Large Language Model (LLM)), die Kerntechnologie für generative künstliche Intelligenz (KI), entwickelt und der Öffentlichkeit präsentiert hat. Generative KI erzeugt als Antwort auf die Anweisungen und Fragen der Nutzer u.a. Sätze und Bilder. Chatbots wie das von einem US-Unternehmen entwickelte Chat-GPT verbreiten sich sehr schnell, aber um durch Lernen die Leistung zu verbessern, müssen sehr große Datenmengen effizient verarbeitet werden. Deshalb hat man mit Fugaku, der sich durch eine parallele Datenverarbeitung in großem Maßstab auszeichnet, eine Lernmethode entwickelt. Während ausländische Unternehmen in den USA und anderswo den Weg vorgeben, hat man damit eine Grundlage für die Entwicklung der „einheimischen KI“ geschaffen.
Es wurde auch darauf hingewiesen, dass bei im Ausland entwickelter generativer KI ein großer Teil der Trainingsdaten auf Englisch ist und dass die Genauigkeit bei japanischen Anweisungen und Fragen gering ist. Daraufhin hat die Forschergruppe ein zu etwa 60 % aus japanischen Daten bestehendes Sprachmodell entwickelt. Das Modell wird öffentlich zugänglich gemacht, und die Beteiligung von Forschern und Ingenieuren an der Verbesserung des Modells sowie an angewandter Forschung wird zu Forschungs- und Geschäftserfolgen führen.
(Quellen: Science Portal, Yomiuri 15.05.2024)
https://top500.org/news/frontier-keeps-top-spot-aurora-officially-becomes-second-exascale-machine/
Japan richtet Vulkan-Forschungszentrum ein
Am 01.04.2024 wurde ein Vulkan-Forschungszentrum der japanischen Regierung feierlich eröffnet. Es ist dem Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT) unterstellt und trägt den Namen „Volcano Research and Investigation Headquarters“. Möglich wurde die Gründung durch eine Änderung des Gesetzes für Spezialmaßnahmen zu aktiven Vulkanen.
Aufgabe des Zentrums ist die Zentralisierung der Beobachtung und Erforschung von Vulkanen mit dem Ziel der Verbesserung der Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge. Man beschäftigt sich mit der Entwicklung von Methoden zur landesweiten Bewertung vulkanischer Aktivitäten und stellt sich den Herausforderungen des Katastrophenschutzes. Ferner sollen durch die Sammlung und Analyse von Forschungsergebnissen von Behörden und Universitäten Maßnahmen gegen die 111 aktiven Vulkane im Land verstärkt werden.
Das Zentrum soll aus zwei Gremien mit Experten und politischen Entscheidungsträgern bestehen, d.h. einem politischen Ausschuss, der Pläne entwickelt und Mittel für ein Beobachtungsnetz, Erhebungen und Forschung bereitstellt, sowie einem Ausschuss für vulkanische Untersuchungen, der die von Vulkanen ausgehenden Gefahren bewertet. Die Ausschüsse wollen bis zum Sommer einen Beobachtungs- und Forschungsplan aufstellen und Bewertungsmethoden erarbeiten.
Um einen effizienten Betrieb zu gewährleisten, ein nachhaltiges System zu schaffen und Wege zu finden, der Öffentlichkeit zugängliche Informationen bereitzustellen, soll das Zentrum sein Fachwissen mit involvierten Organisationen teilen.
Bislang wurden Beobachtungen und Forschung hauptsächlich von der Japan Meteorological Agency (JMA) und verschiedenen Forschungseinrichtungen durchgeführt. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass man eine Organisation benötigt, die diese Bemühungen, ähnlich wie bei der Erdbebenforschung und -untersuchung, zentral verwaltet.
Das „Committee for Prediction of Volcanic Eruption“, ein Beratungsgremium des Generaldirektors der JMA, nutzt von Experten aus Universitäten und nationalen Forschungseinrichtungen bereitgestellte Daten und Forschungsergebnisse für die Verbesserung der Katastrophenvorsorge. Die JMA überwacht jedoch nur 50 aktive Vulkane rund um die Uhr und damit weniger als die Hälfte aller aktiven Vulkane.
Traditionell spielten Universitäten eine führende Rolle bei der Erforschung und Beobachtung von Vulkanen. Die Aufrechterhaltung der Vulkanbeobachtungseinrichtungen geriet jedoch durch den Mangel an Vulkanologen und die gekürzte Grundfinanzierung nach der Umwandlung der staatlichen Universitäten in Selbstverwaltungskörperschaften in Schwierigkeiten.
Das große Hanshin-Awaji-Erdbeben, das 1995 Kobe und Umgebung verwüstete, führte zur Einrichtung des Forschungszentrums „The Headquarters for Earthquake Research Promotion“. Es diente als Kommandozentrale für den Aufbau eines landesweiten Beobachtungsnetzwerks zur Überwachung seismischer Aktivitäten und Erforschung aktiver Verwerfungen. Die nicht in diesen Rahmen fallende Vulkanbeobachtung und -forschung ist jedoch nach wie vor erheblichen budgetären Restriktionen ausgesetzt.
Zu den Vulkanausbrüchen in Japan mit Todesfällen in den letzten Jahren gehören der Ausbruch des Fugendake am Berg Unzen im Jahr 1993 und der Ausbruch des Ontake-san in Zentraljapan im Jahr 2014. Bei beiden Vorfällen kamen Dutzende von Menschen ums Leben.
Vor mehr als einem Jahrhundert hat ein katastrophaler Vulkanausbruch in Japan große Schäden verursacht. Der Ausbruch des Sakurajima 1914-1915 auf der südlichsten japanischen Hauptinsel Kyushu verbreitete Vulkanasche bis in den Osten Japans.
Ein massiver und verheerender Vulkanausbruch wird Japan früher oder später heimsuchen. Heute unterstützen elektronische Geräte, für die Vulkanasche gefährlich ist, alle Arten von sozialen und wirtschaftlichen Systemen, einschließlich lebenswichtiger Infrastrukturen. Der gewaltige technologische Unterschied zwischen der heutigen Gesellschaft und der von vor 100 Jahren berührt fast jeden Aspekt menschlichen Handelns. Alle Arten von unbekannten und unvorhersehbaren Auswirkungen der Vulkanasche auf soziale und wirtschaftliche Systeme sowie auf die Gesundheit wären möglich.
Es ist zu spät, zu versuchen, die Systeme erst nach dem Auftreten von Anomalien zu stärken. Um Japan besser auf Vulkankatastrophen vorzubereiten sind kontinuierliche, sorgfältige Erhebungen und Beobachtungen zur Sammlung von Daten und Erkenntnissen zu normalen Zeiten erforderlich.
Es ist zwar möglich, Anzeichen ungewöhnlicher vulkanischer Aktivität zu erkennen und frühzeitige Warnungen auszusprechen, wie dies bei den Ausbrüchen des Usu-zan und auf der Insel Miyakejima im Jahr 2000 der Fall war, doch ist es schwierig, die Art des Ausbruchs, seinen Verlauf sowie das Ende vorherzusagen.
Darüber hinaus sind die kontinuierliche Ausbildung von Experten, die vulkanische Aktivitäten beurteilen können, und die Sicherung von entsprechenden Stellen, bei denen junge Menschen eine Schlüsselrolle spielen können, unerlässlich.
(Quellen: News on Japan 02.04.2024, Asahi 11.05.2024)