Prof. Dr. Ernst-Günter Afting

Präsident des GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit"


Pharmaceutical Break-Throughs and Basic Research

Durch die Erfolge der pharmazeutischen Industrie konnte die Situation hinsichtlich vieler Probleme, etwa der Kindersterblichkeit, entscheidend verbessert werden. Nach wie vor können aber etwa zwei Drittel aller bekannten Krankheiten zwar behandelt, aber nicht von Grund auf kuriert werden. Für die pharmazeutische Forschung gibt es also noch mehr als genug zu tun. Auf der einen Seite sind gewaltige Problemstellungen bei Seuchen und Krebserkrankungen zu bewältigen, auf der anderen Seite bietet die Grundlagenforschung so gute Möglichkeiten wie noch nie. Heute verdoppele sich das wissenschaftliche Wissen alle 5 Jahre. Von der Forschung über die Entwicklung eines Medikamentes bis zur Marktreife ist es ein langer und kostenintensiver Weg: 8 - 12 Jahre sind keine Seltenheit, vor allem aufgrund der Zulassungsbestimmungen, die Kosten liegen in einer mittleren Größenordnung von 500 Mio. DM für ein weltweit einzuführendes Medikament. Der Hauptanteil der Arbeit ist die Entwicklung bis hin zum therapeutischen Konzept. Dabei ist aber die Kenntnis der erforderlichen Investitionen bzw. des Marktes unerläßlich, und vor allem die zur Verfügung stehende Zeit ist eng begrenzt. Während eine falsche Entscheidung im Forschungsprozeß bis zu 10% bzw. sogar in der Produktion in der Regel höchstens bis zu 20% des Profits kosten könne, koste eine Zeitüberschreitung um nur wenige Monate häufig schon ein Drittel, da der Wettbewerbsdruck hoch sei. Am Beispiel von Diabetes wird erläutert, daß heute nur noch wirklich neue Entwicklungen profitträchtig sind. Aus rund 6000 neuen Entwicklungen gelangt nur eine in die Klinik, man muß aber jährlich wenigstens ca. eine neue Entwicklung erfolgreich unterbringen, um dauerhaft am Markt bestehen zu können.

Um diesen Prozeß gezielt zu bewältigen, reicht reine FuE nicht aus. Das Verständnis der Grundlagen der jeweiligen Krankheit ist erforderlich - das impliziert Grundlagenforschung, u.a. im Bereich der Gentechnik. Dabei erstreckt sich die Grundlagenforschung nicht nur auf den Menschen, sondern auf viele weitere Bereiche, von Zellkulturen bis zur molekularen Ebene und zur weitgehenden Automatisierung. Ohne Grundlagenforschung in der Biotechnologie wäre der Fortschritt in der Medikamentenforschung nicht möglich gewesen. Biotechnologisch entwickelte Medikamente sind der wichtigste Wachstumsmarkt der nächsten Jahre. Viele der großen Unternehmen sind daher bereit, ihre Investitionen in Grundlagenforschung um 10 - 25%, im Einzelfall bis 100% zu erhöhen, um die wirklich erfolgversprechenden Varianten im Bereich FuE ausfiltern zu können. Da die Unternehmen einerseits von den Ergebnissen der Grundlagenforschung, die nach wie vor meist in Universitäten erbracht werden, abhängig sind, andererseits jedoch ihr eigenes Forschungsinteresse vor allem die angewandte Produktentwicklung betreffen muß, sind Regierungen nach Ansicht von Prof. Afting gut beraten, im Interesse des Wirtschaftsstandortes die Grundlagenforschung intensiv zu fördern.