Prof. Dr. Makoto Kikuchi

Tokai University, ehemaliger Forschungsdirektor von Sony


Fusion of Research and Development – some Case Histories at Sony

Technologieentwicklung kann beschrieben werden als Schnittmenge aus den tatsächlichen Produkten, der Prozesstechnologie und der wissenschaftlichen Fortentwicklung, im Falle Sony v.a. der physikalischen Forschung. Es soll gezeigt werden, daß dabei im Laufe der Zeit immer tiefer in die Wissenschaft eingedrungen wird. Grundlagenforschung und angewandte Forschung sind keine diskreten Zustände, alles bedingt einander und sollte daher eher im Sinne eines Spektrums behandelt werden. Unter der Zielsetzung, eine bestimmte Aufgabenstellung zu lösen, gibt es ein ständiges Wechselspiel zwischen dem Vorantreiben wissenschaftlicher Grundlagen und der Rückkehr zur Anwendungsorientierung. Dies soll im folgenden an Fallbeispielen erläutert werden: Das Transistorradio, die CCD-Kamera, der CD-Laser. Dabei ist die Grundphilosophie von Sony, daß Technologie erst dann attraktiv wird, wenn sie in einem anziehenden Produkt verschmilzt.

Als der Gründer von Sony informiert wurde, daß man den Transistor erfunden hatte, war seine erste Frage, was dies für ihn bzw. Sony bedeuten könnte, und nach Gesprächen mit seinen Ingenieuren war das Ziel klar: Sony sollte das erste tragbare Transistorradio der Welt bauen. Als er dies bei einem Treffen mit dem US-Konzern Western Electric verkündete, wurde er ausgelacht, aber er hielt unbeirrbar an seinem Ziel fest. Aus technischer Sicht gab es eine große Barriere: es gab nur sog. p-n-p Transistoren aus einer Indium-Legierung, die eine zu geringe Frequenz hatten. Um die Frequenz erhöhen zu können und die Transistoren leistungsfähiger zu machen, mußte man neue Verfahren entwickeln. Leistungsfähigere n-p-n Transistoren konnten nur mittels Kristallisation aus der Schmelze erzeugt werden, und neue Doping-Elemente (i.w. Phosphor) mußten gefunden werden.

Lange war kein Vorankommen möglich, außer einem zufälligen Erfolg des Sony-Teams, der nicht wiederholt werden konnte. Schließlich erschien sogar eine Veröffentlichung aus dem Bell-Laboratorium, in der begründet wurde, warum für die gesamte Phosphor-Technologie keine Aussicht auf Erfolg bestünde. Die motivierende Reaktion des damaligen Projektleiters war: Aber es hat doch einmal funktioniert - laßt uns weiter untersuchen, wie das zustande kam. Schließlich war man erfolgreich und hatte so gegen den erklärten Stand der Forschung neue Erkenntnisse gewonnen. Es wurden also nicht nur amerikanische Transistoren kopiert, um letztlich 1955 wie beabsichtigt ein tragbares Radio produzieren zu können. Als Nebenprodukt wurde sogar die Tunneldiode entdeckt, die sich später als wesentliche Informationsquelle zur Erklärung quantenmechanischer Effekte erwies.

Vergleichbares wird über die vollelektronische CCD (charge-coupled-device) -Kamera berichtet, die vor allem erfunden wurde, um mit Kodak konkurrieren zu können. Prof. Kikuchi erläutert das Funktionsprinzip der CCD-Technologie: Ein zweidimensionales Bild wird in eine lange Linie von Signalen zerlegt, die auf einem Magnetband abgespeichert werden können. Um erhebliche Probleme mit der Bildqualität lösen zu können, waren wenigstens 14 Monate hartnäckiger Grundlagenforschung im Bereich der Kristallphysik nötig. Insgesamt waren über 10 Jahre harter Arbeit vonnöten, bis die CCD-Kamera wirklich serienreif war. Heute ist praktisch jede Kamera eine CCD-Kamera.

Als abschließendes Beispiel erläutert Prof. Kikuchi die Entwicklung eines zuverlässigen Lasers für die CD-Technologie, in deren Verlauf Anfang der 80er Jahre bis zur Nanometer-Dimension vorgestoßen wurde. Die japanische Industrie hat sich dabei immer um eigenständiges Vorgehen bemüht, allein schon wegen der großen Konkurrenz, und weil viele Universitätsprofessoren zu blauäugig (innocent) gegenüber den realen Anforderungen sind.