Prof. Dr. Klaus Pinkau

Direktor des MPI für Plasmaphysik


Look up to the Stars, take care of the Lanes – Basic Research in Astrophysics and the Energy Problem

In einer einleitenden Bemerkung zum Vortrag von Prof. Oda, unterstützt Prof. Pinkau die These von der traditionell größeren Bedeutung der theoretischen Begründung auch für Europa und weist darauf hin, daß zu große Spezialisierung schon bei den alten Griechen, aber auch im deutschen und englischen Kulturkreis gering geschätzt wurde (Bsp.: Professioneller heißt auf altgriechisch "banausoi", vgl. die heutige Bedeutung von Banause im Deutschen, und auch in England wird es als eine Voraussetzung für den "Gentleman" angesehen, nicht zu sehr spezialisiert zu sein).

In seinem eigentlichen Vortrag beginnt Prof. Pinkau mit einem geschichtlichen Rückblick über die Entstehung moderner astrophysikalischer Vorstellungen am Beispiel der Leuchtkraft der Sonne. Noch Helmholtz nahm als Ursache der Leuchtkraft eine gravitationsbedingte Kontraktion der Sonne an. Heute wissen wir, daß Kernfusion die Ursache des Sonnenlichts ist. Diese Kernfusion ist bis heute von großem Interesse für die Grundlagenforschung und hat zwei Seitenzweige der Forschung initiiert:

  • Das Studium der chemischen Elemente im Kosmos bzw. weitergehend die "Kosmoarchäologie" und
  • die Frage, ob die Beherrschung der Kernfusion für die Gewinnung von Energie auf der Erde eingesetzt werden könnte.

Durch die schon theoretisch begründete Notwendigkeit, zur Lösung der zweiten Frage einen großen, sehr hitzebeständigen Ofen und erhebliche Zusatzeinrichtungen aufbauen zu müssen, änderte sich der Charakter der Forschung erheblich: Ausgehend von astrophysikalischer Erkenntnis mußte nun zur Lösung dieser komplizierten Frage umfangreiche Ausrüstung konstruiert und angeschafft werden. In der Regel ist Grundlagenforschung "bottom-up", während die Beschaffung von großer Ausrüstung üblicherweise als "top-down" angesehen wird, da die individuelle Entscheidungsfreiheit über den weiteren Fortgang eingeschränkt ist, sobald man sich einmal für ein Großprojekt entschieden hat. Allein die Bindung an die vorhandene umfangreiche Ausrüstung beeinflußt den weiteren Fortgang erheblich. Es sollte jedoch bedacht werden, daß auch die Freiheit des individuellen Wissenschaftlers eingeschränkt ist, sobald er sich zur Lösung eines bestimmten Problems entschlossen hat, und daß er gut beraten ist, nicht oberflächlich von Problem zu Problem zu springen, sondern konsequent und zielorientiert dem gestellten Problem auf den Grund zu gehen. Bei Großprojekten sollte nach zwei Aspekten unterschieden werden: Ausrüstung wie Teleskope, Neutronenquellen oder Synchrotonanlagen sind Werkzeuge, die die Wahrnehmung erweitern können, die jedoch die individuelle Entscheidung über Forschung nicht direkt einengen und in diesem Sinne nicht als top-down angesehen werden sollten. Im Falle der Kernfusion ist jedoch die Entwicklung der Ausrüstung selbst das Ziel, man befindet sich bereits in der zielorientierten Phase. Auch hier müssen jedoch sehr grundlegende Fragen gestellt werden, die nur mit Hilfe der Grundlagenforschung beantwortet werden können. Anschließend erläutert Prof. Pinkau das Funktionsprinzip einer Versuchsanlage zur Kernfusion. Es zeigt sich, daß erst mit einem sehr tiefen Verständnis grundlegender Funktionsprinzipien der Natur die angewandten Fragestellungen gelöst werden können. Dies wird am Beispiel einer Problemstellung, dem Verhalten der Plasmaoberfläche, demonstriert. Bei der Bewältigung solcher Fragestellungen spielt auch die politische Akzeptanz eine wesentliche Rolle. Prof. Pinkau demonstriert, daß bis zur Problemlösung neben 8 Jahren Forschung auch 8 Jahre der Genehmigung und des Wartens im politischen Raum erforderlich waren. Die (finanziellen) Risiken eines derartigen Großprojekts sind meßbar und überschaubar, es muß gegen die Chancen abgewogen werden. Die große Chance des Großprojekts "Kernfusion" sei die Lösung des globalen Energieproblems. Hier könne ein Kompromiß zwischen wirtschaftlichen Notwendigkeiten und der Umweltschonung erreicht werden, denn die Strahlungsproblematik sei vergleichsweise gering.

(Anm. des Übersetzers: Entscheidender ist wohl das Problem, was die Menschheit mit der so reichlich versprochenen Energie anfängt? Wird sie benutzt, um noch mehr Materie umzusetzen [Stoffströme zu intensivieren] als bisher, so dürfte die erwähnte Strahlung in der Tat ein absolut nachrangiges Umweltproblem darstellen.)