Prof. Syun Tutiya

Chiba University, Philosophy of Language, Text Processing


Three Concepts of Basic Research: Philosophical and Historical Reflections on the Cultural Significance of Basic Research

Prof. Tutiya bemerkt einleitend, daß es ihm schwergefallen sei, den interessanten Ausführungen von Prof. Baltes und der anschließenden Diskussion zu folgen, da das deutsche System im Gegensatz zum japanischen sehr kompliziert sei. Er wolle in seinem Vortrag keine politischen Empfehlungen aussprechen, sondern nur versuchen, die japanische Situation zu analysieren. Grundlagenforschung sei dabei nicht auf die Naturwissenschaften beschränkt, sondern umfasse alle akademischen Disziplinen. Die japanische Kultur benötigte traditionell keine Grundlagenforschung, für das weitere Überleben der Wissenschaften sei sie jedoch heute unerläßlich. Die Rolle der Grundlagenforschung müsse dabei unbedingt auch unter philosophischen und geschichtlichen Gesichtspunkten betrachtet werden und nicht nur als Problem der gesellschaftlichen bzw. politischen Finanzierbarkeit.

Der Begriff Grundlagenforschung selbst wird analysiert: In einem Sinn dient die Erforschung der "Grundlagen" als Fundament, als Basis für die weitere Forschung. In einem anderen Sinn sind es auch die einfachsten, grundlegenden Erkenntnisse, auf denen weitergehende Erkenntnis aufbaut. Grundlagenforschung gehört nach heutigen Verständnis aber eher zum Bereich der weitergehenden Erkenntnisse, und auch die Dienstleistung als Basis für weitere Forschung wird nur eingeschränkt geleistet. Die Reihenfolge ist oft umgekehrt: Nicht ausgehend von wissenschaftlicher Erkenntnis werden praktische Anwendungen entwickelt, sondern die Grundlagenforschung wird dazu benutzt, Erfindungen oder Erkenntnisse zum Zweck der praktischen Nutzbarmachung zu verstehen oder weiterzuentwickeln.

Im weiteren wird am Beispiel der Geschichte Japans (Edo-Zeit) erläutert, wie man sich ohne differenzierte Grundlagenforschung (im westlichen Verständnis) kulturell weiterentwickeln kann. Es werden Beispiele aus den Bereichen agrokulturelle Entwicklung und pharmazeutisches Wissen genannt. Angewandte Forschung bzw. Entwicklung ist also ohne eigenständige Grundlagenforschung möglich. Beim strukturellen Wandel hatte man wenig Zeit: Bis zum Ende des zweiten Weltkriegs hätte man in Japan allenfalls so etwas wie ein Museum der westlichen Kultur gesammelt.

Als wesentlichstes Charakteristikum für die japanische Situation müsse aber angesehen werden, daß es einen hohen Personalaustausch zwischen Forschung und angewandten Tätigkeiten etwa in der Wirtschaft gibt. Auf diese Weise verschwimme die Abgrenzung von Grundlagenforschung und FuE, da die meisten Personen jeweils für einige Zeit dies oder jenes tun.