Elke Wülfing, MdB

Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie


Forschungspolitik und der gegenwärtige Stand der Grundlagenforschung in Japan und Deutschland

Die Rolle der Grundlagenforschung in Japan wird wie folgt charakterisiert: Eine echte Grundlagenforschung spielte zunächst nur eine untergeordnete Rolle. Japan konnte sich auf seine Fähigkeit konzentrieren, Produktideen konsequent umzusetzen, Produkte und die zugehörigen Fertigungstechnologien konsequent zu verbessern und mit strategischer Weitsicht die Weltmärkte zu besetzen. In den letzten Jahrzehnten ist dann konsequent die für bestimmte strategische Industriefelder wichtige Forschungsinfrastruktur geschaffen und schrittweise auch eine leistungsfähige Grundlagenforschung aufgebaut worden. Die Verdopplung der staatlichen Mittel für Forschung und Entwicklung erscheint interessant. Für die Zukunft zeichnet sich eine Reihe wissenschaftlich anspruchsvoller Themenfelder für eine mögliche Zusammenarbeit ab: Angefangen von der Kooperation der japanischen Synchrotron-Strahlungsquelle SPring 8 mit Schwesteranlagen in Europa über Höchstleistungs-Parallelrechnertechniken bis hin zur Hirnforschung oder Immunologie.

Grundlagenforschung in Deutschland hat eine lange Tradition, auf die man stolz ist, und deren Wert nicht in Frage gestellt wird. Man übeprüft allerdings die Effizienz des Wissenschaftssystems insgesamt und möchte es stärker an die Bedürfnisse von Wirtschaft und Gesellschaft heranführen. "Es ist ja hinlänglich bekannt, daß deutsche Wissenschaftler Computer, Mikroprozessor, Telefax und Kompakt-disc als erste entwickelt haben, aber japanische und amerikanische Firmen diese Schlüsseltechnologien als erste vermarkteten." Es folgt eine kurze Darstellung der föderalen Struktur des Systems der deutschen Forschungsförderung (DFG, MPG, HGF, BLE, FhG). In der zivilen Forschungsförderung kommen dabei mehr als ein Drittel der FuE-Ausgaben des Bundes der Grundlagenforschung zugute. Nach Ansicht der Wirtschaft sollten aber wesentlich mehr Mittel in die angewandte Forschung investiert werden. Statt einen Gegensatz zwischen Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung zu konstruieren, muß es das Ziel sein, die Stärken der Grundlagenforschung zu nutzen und ihre sinnvolle Einbindung in den Gesamtablauf von Forschung und Entwicklung sicherzustellen, vor allem vor dem Hintergrund der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.

Gemäß den Leitlinien der Bundesregierung zur strategischen Neuorientierung der deutschen Forschungslandschaft vom Juli 1996 steht derzeit die Evaluierung im Vordergrund. Neben übergreifenden Begutachtungen einzelner Forschungsfelder evaluiert der Wissenschaftsrat bis zum Jahr 2000 die Institute der Blauen Liste; DFG und MPG werden sich einer Systembewertung ihrer Gesamtstruktur unterziehen. Darüber hinaus werden wettbewerbliche Auswahlverfahren gestärkt und neue Leitprojekte wie etwa BioRegio gefördert, bei dem biowissenschaftlich orientierte Forschungseinrichtungen, Wirtschaft, Banken, kommunale Einrichtungen und Genehmigungsbehörden gefordert waren, Konzepte zur regionalen Zusammenarbeit zu entwickeln (Fördersumme insgesamt 150 Mio. DM). Neue Marktchancen und Arbeitsplätze werden generell als wesentliche Voraussetzung für die Förderwürdigkeit von Grundlagenforschung angesehen.